Königs Wusterhausen. Die Stadt Königs Wusterhausen will die Richtung festlegen, in die sie sich in den kommenden 20 Jahren entwickeln will. Ein Leitbild soll dabei helfen. Der Stadtrat hat mit 15 zu 12 Stimmen die Erarbeitung beschlossen. „Ich freue mich, dass eine Mehrheit den Mut hat, diesen Weg zu gehen“, sagte der stellvertretende SPD-Fraktionschef Tobias Schröter, der auch Vorsitzender des Stadtentwicklungsausschusses ist. Seine Fraktion hatte den Antrag eingebracht.
Mit dem Beschluss ist laut Schröter aber erst der allererste Schritt gemacht worden. In den kommenden Monaten soll zunächst geklärt werden, wie möglichst viele Einwohner an der Diskussion um die Königs Wusterhausener Zukunft beteiligt werden können. Zuletzt war das Echo auf derartige Angebote eher gering. Schröter sagte, es komme aber auf eine breite Beteiligung an.
Neben Workshops könnten Online-Umfragen eine Möglichkeit sein, mehr Menschen zu erreichen, glaubt er. Doch das sollen nun die Experten herausfinden. Laut dem Beschluss soll bis zum Herbst 2020 das Beteiligungsverfahren klar sein. Erst dann beginne die inhaltliche Arbeit, bei der die Wünsche und Ideen der Königs Wusterhausener zur Stadtentwicklung bis 2040 gesammelt werden. Bildung, Ortsteile, Mobilität, Digitales, Sicherheit, Sport oder Kultur sind nur einige der Themen.
Schröter ist gespannt, was am Ende herauskommt. Das Leitbild-Prinzip beschreibt er so: Wenn als übergeordnetes Ziel für Königs Wusterhausen wohnortnahe Spielplätze formuliert werden, dann müssten Stadtpolitik und Verwaltung das bei konkreten Bauvorhaben beachten, etwa mit Auflagen für Investoren, Spielplätze in ihren Wohngebieten gleich mitzuplanen. Erfahrungen mit solchen Auflagen gibt es in Königs Wusterhausen schon. So wurde der Investor eines Wohngebietes im Königspark verpflichtet, eine Kita zu bauen. Das Bauvorhaben hat aber noch nicht begonnen.
Zielvorgaben kann sich Schröter auch beim Wachstum der Stadt vorstellen. „Wir können Zuzug schlecht begrenzen, aber steuern“, sagt er. Vorliegende Konzepte zur Stadtentwicklung oder zur Entwicklung des Einzelhandels sollen berücksichtigt werden. So war vor nicht einmal zwei Jahren das Integrierte Stadtentwicklungskonzept Insek bis 2040 fortgeschrieben worden. Hinweise von Bürgern flossen mit ein. Zu den Empfehlungen gehörten unter anderem ein Fahrradparkhaus und ein Parkhaus für Autos am Bahnhof, ebenso wie bessere Busverbindungen in die Ortsteile. Die Wunschliste umfasste Maßnahmen für 200 Millionen Euro.
Kritiker halten ein Leitbild deshalb für überflüssig, Schröter findet das nicht. „Es stimmt, dass es viele Konzepte gibt. Aber, wo wir damit hinwollen, ist nicht klar.“ Laut dem Fahrplan soll das Leitbild 2040 für Königs Wusterhausen spätestens Ende 2023 vorliegen. Leitbilder geben sich auch Unternehmen, Organisationen und Einrichtungen. Die bündnisgrüne Heinrich-Böll-Stiftung nennt es eine „schriftliche Erklärung über Grundprinzipien“. Im Kommunal-Lexikon der Stiftung heißt es weiter: „Damit ein Leitbild nicht unglaubwürdig wird, sollte es möglichst konkret gefasst sein und die Schritte beschreiben, die zur Umsetzung notwendig sind.“ Sonst bleibe es meist wirkungslos.
Die Bertelsmann-Stiftung ermuntert Kommunen, in Leitbildprozessen ihre Zukunft aktiv zu gestalten und ein konkretes Bild zu entwerfen, wie sie sich weiterentwickeln wollen. Das teilte die Direktorin des Programms Lebenswerte Kommune, Kirsten Witte, auf MAZ-Anfrage mit. „Angesichts knapper Ressourcen ist es wichtig zu wissen, wo man zum Beispiel bei Investitionen zukünftig Schwerpunkte setzten will.“ Wichtig sei, dass Bürger, Kommunalpolitik und andere Akteure mitgenommen würden.
„Im Idealfall werden Leitbilder mit Maßnahmen und Erfolgsindikatoren hinterlegt, so dass man im Laufe der Zeit überprüfen kann, inwieweit sich die angestrebte Entwicklung auch realisiert“, so die Expertin. Die Stiftung selbst unterstütze Kommunen über einen eigens dafür gegründeten Verein bei der Entwicklung von Leitbildern für familiengerechte Kommunen.
Quellenangabe: Dahme Kurier vom 01.11.2019, Seite 12