Koalitionsvertrag

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Koalitionsvertrag zwischen
SPD Brandenburg und DIE LINKE Brandenburg für die 6. Wahlperiode des Brandenburger Landtages

Vereinbarung zur Zusammenarbeit in einer Regierungskoalition für die 6. Wahlperiode des Brandenburger Landtages 2014 bis 2019

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INHALTSVERZEICHNIS

Präambel 5

  1. 1  Bildung, Jugend und Sport 8

  2. 2  Wirtschaft, Energie und Verbraucherschutz 14

  3. 3  Gute Arbeit, Familie, Frauen und Soziales 23

  4. 4  Wissenschaft, Forschung und Kultur 31

  5. 5  Kommunales, Sicherheit und Justiz 36

  6. 6  Infrastruktur, Raumordnung, Stadtentwicklung, Wohnen,
    starke ländliche Räume und Umwelt 44

  7. 7  Finanzen 52

  8. 8  Leistungsfähiger öffentlicher Dienst 55

  9. 9  Brandenburg in Europa 58

  10. 10  Staatskanzlei 62

12 Organisation 67

Die Vertragspartner wissen um die Bedeutung einer geschlechtergerechten Sprache und befürworten grundsätz- lich den Gebrauch von Parallelformulierungen. Von einer durchgehenden Benennung beider Geschlechter bzw. der konsequenten Verwendung geschlechtsneutraler Bezeichnungen wurde im vorliegenden Vertragstext den- noch abgesehen, da dies die Lesbarkeit des vorliegenden Vertragstextes deutlich erschwert hätte.

PRÄAMBEL

SICHER, SELBSTBEWUSST UND SOLIDARISCH: BRANDENBURGS AUFBRUCH VOLLENDEN.

Hervorgegangen aus der friedlichen Revolution in der DDR vor einem Vierteljahrhundert, hat sich Brandenburg zu einer dynamischen und lebenswerten Region mitten im neuen Eu- ropa entwickelt. Immer stärker zahlen sich mittlerweile die außerordentlichen Anstrengun- gen aus, mit denen die Brandenburgerinnen und Brandenburger ihr Land seit den schwieri- gen Anfangsjahren nach 1990 aufgebaut haben. Mit seiner günstigen Wirtschaftsentwick- lung, seiner modernen industriellen Basis, seiner deutlich gesunkenen Erwerbslosigkeit, sei- nen soliden öffentlichen Finanzen, seinem starken gesellschaftlichen Zusammenhalt und seiner gewachsenen gesellschaftlichen Offenheit steht Brandenburg heute so gut da, wie noch niemals zuvor in seiner jungen Geschichte.

Die Herausforderungen der kommenden Jahre können wir deshalb selbstbewusst angehen. Jetzt kommt es darauf an, dass wir unsere aus eigener Kraft erarbeiteten Möglichkeiten kon- sequent nutzen und die entstandenen Handlungsspielräume erweitern. Schon heute kehren immer mehr abgewanderte Brandenburgerinnen und Brandenburger zu uns zurück. Doch unser Land soll für alle seine Bürgerinnen und Bürger noch mehr Perspektiven bieten. Unse- ren Kindern und Enkeln wollen wir ein zukunftsfestes und wirtschaftlich stabiles Branden- burg hinterlassen, das sich mit den attraktivsten Regionen Europas messen kann – ein anzie- hendes Land, in dem die Menschen gerne leben.

Brandenburg ist in vielerlei Hinsicht ein Land im Wandel – vor allem deswegen, weil Bran- denburgerinnen und Brandenburger immer aktiver ihr eigenes Leben gestalten. Wir wollen unseren Teil dazu beitragen, dass dieses Engagement die demokratische Kultur bereichert.

In ihren unterschiedlichen politischen Zusammensetzungen haben alle bisherigen Branden- burger Regierungen seit 1990 wichtige Beiträge zum Gedeihen unseres Gemeinwesens ge- leistet. Unter dem programmatischen Leitmotiv „Gemeinsinn und Erneuerung – Ein Bran- denburg für alle“ hat die Koalition aus SPD und DIE LINKE die Entwicklung unseres Lan- des vorangetrieben. Im Ergebnis ist Brandenburg in den vergangenen fünf Jahren zugleich ökonomisch erfolgreicher und sozial gerechter geworden. Wir in Brandenburg haben ver- standen: Wirtschaftlicher Erfolg, sozialer Fortschritt, ökologische Modernisierung und de- mokratische Teilhabe gehören zusammen und bedingen einander. Im Lichte dieser funda- mentalen Einsicht sind SPD und DIE LINKE entschlossen, ihre erfolgreiche Zusammenarbeit zum Nutzen Brandenburgs in der neuen Wahlperiode bis 2019 fortzusetzen und auf eine neue Grundlage zu stellen.

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Auch in Zukunft wird es mit uns keinerlei Verklärung der SED-Diktatur geben, auch weiter- hin erwächst für uns aus dem Unrecht der Jahrzehnte vor 1989 der Auftrag, energisch für freiheitliche Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Gewaltenteilung und gesellschaftlichen Plura- lismus einzutreten. Unser Respekt und unsere Zuwendung gelten unvermindert den Opfern der Diktatur, die Erinnerung an erlittene Repressalien werden wir weiter wach halten.

Im Bewusstsein unserer unterschiedlichen politischen Herkunft wenden wir uns gemeinsam den großen Zukunftsaufgaben unseres Landes zu. Diese betreffen nicht zuletzt die vielfälti- gen Folgen des demografischen Umbruchs unserer Gesellschaft, die außerordentlich stark voneinander abweichenden Entwicklungstendenzen in berlinnahen und berlinfernen Lan- desteilen, den zunehmenden Bedarf an qualifiziertem Nachwuchs in Wirtschaft und Verwal- tung sowie das Auslaufen der Sonderförderung für die ostdeutschen Bundesländer bis 2019.

Das Leben in Brandenburg ist in den zurück liegenden Jahren in vielerlei Hinsicht besser, aber nicht für alle einfacher geworden. Einkommen und Lebenshaltungskosten stehen oft in einem anhaltenden Spannungsfeld. Berufseinstiegshürden, Langzeitarbeitslosigkeit und Al- tersarmut bilden für viele eine Barriere zur Teilhabe am Wohlstand des Landes. Auch die Kinderarmut ist ein bedrückendes Problem. Die landespolitischen Gestaltungsmöglichkeiten sind hier begrenzt, aber wir finden uns damit nicht ab – nicht gegenüber dem Bund und auch nicht im eigenen Land. Mit den Netzwerken für Gesunde Kinder und dem Schüler- Bafög haben wir eigene Instrumente entwickelt und damit gezeigt, dass wir mehr können als auf den ersten Blick möglich erscheint. Brandenburg war mit seinem Vergabegesetz auch ein Vorreiter in Deutschland für den allgemeinen Mindestlohn. Unser Ziel heute und jetzt ist nicht nur ein verlässliches existenzsicherndes gesetzliches Mindestlohnniveau, sondern wir wollen die ökonomischen, politischen und gesellschaftlichen Voraussetzungen dafür schaf- fen, dass Jede und Jeder durch „Gute Arbeit“ ein auskömmliches Leben führen kann.

Auf eine Fortsetzung der günstigen konjunkturellen Rahmenbedingungen der vergangenen Jahre können wir uns nicht allein verlassen. Umso energischer, zielgerichteter und voraus- schauender müssen wir deshalb in den kommenden Jahren auf sämtlichen Feldern der Lan- despolitik agieren.

Unsere Politik für Brandenburg folgt dabei klaren Prinzipien. Eine starke, wirtschaftlich er- folgreiche und zugleich solidarische Gesellschaft entsteht nur dort, wo alle Menschen die Gelegenheit erhalten, ihre spezifischen Fähigkeiten zu entwickeln, zu erweitern und einzu- bringen. Qualifizierte Menschen sind die Grundlage jeder innovativen Wirtschaft – erst eine innovative Wirtschaft wiederum schafft gut bezahlte Arbeitsplätze und Spielräume für sozi- alpolitische Verteilung. Wir werden mit aktiv vorsorgender Sozial- und Gesellschaftspolitik größere Lebens- und Aufstiegschancen für immer mehr Menschen ermöglichen. Weder ein- zelne Menschen noch Gruppen oder gar ganze Regionen dürfen von der Entwicklung unse- rer Gesellschaft abgehängt werden. Soziale und innere Sicherheit gehören für uns zusam- men. Nur wo die Bürgerinnen und Bürger darauf vertrauen können, dass in ihrer Heimat sichere Verhältnisse herrschen, kann sich eine freie, lebenswerte und solidarische Gesell- schaft auf Dauer entfalten.

Aus diesen klaren Prinzipien ergeben sich klare politische Prioritäten. In Brandenburg wer- den wir in den kommenden fünf Jahren vor allem auf vier Gebieten mit großem Nachdruck in die Offensive gehen:

 Mit Tausenden neuen Lehrkräften, Erzieherinnen und Erziehern wollen wir die Qua- lität unserer Bildungseinrichtungen nachhaltig steigern und dabei zeigen, dass Leis- tungsorientierung mit Chancengleichheit einhergeht.

 Mit einer Sicherheitsoffensive werden wir energisch darauf hinwirken, vor allem die organisierte Kriminalität in Brandenburg deutlich zurückzudrängen.

 Mit einer Investitionsoffensive wollen wir unsere Landesstraßen sowie die Infrastruk- tur in unseren Kommunen verbessern.

 Mit passgenauen Verwaltungsreformen werden wir die öffentlichen Dienstleistungen in Brandenburg zukunftsfest machen und modernisieren.

Brandenburgs große Stärke liegt im gesellschaftlichen Zusammenhalt. Die vielen gesell- schaftlich engagierten Menschen, ob in demokratischen Parteien, als verantwortungsbewuss- te Unternehmer, in Gewerkschaften oder als Betriebsräte, in Kirchen sowie zahllosen Verei- nen, Initiativen und Verbänden tragen dazu bei, unser Land Schritt für Schritt zu einer im- mer lebenswerteren Heimat für alle seine Bürgerinnen und Bürger zu machen. Gemeinsam mit ihnen werden wir Brandenburg weiter voran bringen. Gemeinsam mit ihnen allen wer- den wir die freundschaftlichen Beziehungen zu unseren polnischen Nachbarn weiter vertie- fen. Gemeinsam mit ihnen allen werden wir dafür sorgen, dass Ausländerfeindlichkeit und Rassismus in einem weltoffenen Brandenburg keinen Platz haben.

Viel wurde in den vergangenen 25 Jahren bereits geschafft, große Aufgaben liegen noch vor uns. Kraftvoll und zielgerichtet, mit klaren Prinzipien und klaren Prioritäten werden SPD und DIE LINKE deshalb in den kommenden fünf Jahren den Aufbruch unseres Landes voll- enden. Im Jahr 2019 endet der Solidarpakt. Unser Ziel ist ein Brandenburg, das dann selbst- bewusst auf eigenen Füßen steht. Brandenburgs Erfolgsgeschichte soll auch im zweiten Vier- teljahrhundert seines Bestehens weitergeschrieben werden. Mit Sicherheit, mit Selbstbe- wusstsein, mit Solidarität.

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1. Bildung, Jugend und Sport 1.1. Gute Bildung von Anfang an

Gute Bildung von Anfang an ist die Grundlage für die Verwirklichung von Lebenschancen der Menschen in Brandenburg. Sie fängt bereits lange vor der Schule an und hört nicht mit dem Schulabschluss auf. Das Lernen ist ein lebenslanger Prozess. Gute Bildung ist die richti- ge Antwort auf die Herausforderungen unserer Zeit.

Bildungserfolg darf nicht von der sozialen Herkunft abhängen. Für mehr Chancengleichheit müssen deshalb die Rahmenbedingungen für eine frühe und intensive individuelle Förde- rung sowie für langes gemeinsames Lernen verbessert werden. Zudem verhindern Bildungs- investitionen zu einem möglichst frühen Zeitpunkt spätere Folgekosten.

Bessere schulische Bildung heißt für uns: Größere Verlässlichkeit von Schule, bessere Perso- nalausstattung, Erhöhung der Unterrichtsqualität, Minimierung des Unterrichtsausfalls, Ver- ringerung der Zahl der Schulabgängerinnen und Schulabgänger ohne Abschluss.

Der Grundstein für gute Bildung wird bereits mit einer qualitativ hochwertigen Bildungsar- beit und Betreuung in den Kindertagesstätten und der Kindertagesbetreuung gelegt. Den Betreuungsschlüssel werden wir daher weiter verbessern. Das Verhältnis bei den 0- bis 3- Jährigen soll ab 2016 von 1 : 6 auf 1 : 5 verbessert werden. Ab 2017 soll der Schlüssel bei den 3- bis 6-Jährigen von 1 : 12 auf 1 : 11 verbessert werden Außerdem werden wir weitere Beru- fe (z. B. Heilerziehungspflegerinnen und -pfleger) in die Kita-Personalverordnung aufneh- men.

Die Koalition fördert weiterhin die Zusammenarbeit von Kindertagesstätten, Grundschulen und Horten, um so den Übergang von der Kinderbetreuung zur Schullaufbahn zu erleich- tern.

Innerhalb der nächsten fünf Jahre werden mindestens 4.300 neue Lehrerinnen und Lehrer eingestellt.

Brandenburg befindet sich im Wettbewerb um die besten Lehrkräfte mit anderen Bundes- ländern. Gleichzeitig lässt sich das Ansehen des Lehrerberufs in der Gesellschaft noch ver- bessern. Die Koalition wird deshalb mit einer Kampagne für den Lehrerberuf und seine ge- sellschaftliche Anerkennung werben. Das gilt insbesondere für die dringend benötigten „Landlehrer“ in den berlinfernen Regionen Brandenburgs. Zur Erhöhung der Attraktivität dieser Positionen wird die Koalition gemeinsam mit den betroffenen Kommunen an Lösun- gen arbeiten.

Die Modernisierung der Lehrerausbildung ist fortzusetzen. Angehende Lehrkräfte sollen zu einem frühen Zeitpunkt praktische Erfahrungen an Schulen erwerben. Dazu müssen die

Fachdidaktiken und das Zentrum für Lehrerbildung an der Universität Potsdam gestärkt werden.

Das Vertretungsbudget zur Senkung der Unterrichtsausfalls wird fortgeführt.

Die Koalition steht für ein klar strukturiertes, verlässliches und durchlässiges Schulsystem. In diesem System können die Schülerinnen und Schüler zum Vorteil aller lange gemeinsam lernen. Die nötige Flexibilität für die verschiedenen Regionen des Landes und ihre unter- schiedlichen Strukturen ist zu sichern.

Die Grundschulen bauen auf dem Fundament der frühkindlichen Bildung auf und bilden die grundlegende Stufe der schulischen Bildung. Das System der sechsjährigen Grundschule hat sich bewährt und wird weiter fortgeführt. Ziel der Koalition ist es, kleine Grundschulstand- orte mit flexiblen Modellen zu erhalten. Dabei wird sich die Koalition an den Empfehlungen der Demografiekommission orientieren.

Die Mindestgrößen für Grundschulen werden im Land Brandenburg beibehalten. Ausnah- meregelungen sollten auf die Schulen außerhalb der zentralen Orte im weiteren Metropolen- raum beschränkt werden.

In Zukunft wird überall dort, wo die Schulträger und die Eltern es wünschen, die Fusion von Grundschulen mit Oberschulen bzw. Gesamtschulen zu Schulzentren möglich sein. Die Ent- scheidung soll gemeinsam mit den Mitwirkungsgremien getroffen werden. Auch Gymnasien können in die Schulzentren einbezogen werden. Gemeinsames Lernen aller Kinder soll von der 1. Klasse bis zum Schulabschluss möglich sein.

Die Gymnasien im Land führen dazu weiter wie bisher in zwölf Jahren zum Abitur, die Ge- samtschulen bieten es nach 13 Jahren an.

Die Finanzierung der Gesamtschulen wird an der Finanzierung der Oberschulen ausgerich- tet.

Zur Erhöhung der Durchlässigkeit und zur Erleichterung des Übergangs zum Gymnasium wird die Koalition an den Oberschulen die „vertiefte Bildung“ einführen.

Es wird an den OSZ die doppelqualifizierende Ausbildung weiterentwickelt, die zum Abitur führt und gleichzeitig eine anerkannte berufliche Qualifikation vermitteln wird (Berufsaus- bildung mit Abitur). Eine Ausweitung auf Gesamtschulen mit besonderem Profil wird ge- prüft.

Alle Jugendlichen in Brandenburg sollen entweder das Abitur oder eine Berufsausbildung erfolgreich absolvieren können. Die Koalition setzt sich die weitere Absenkung der Schulab- brecherquote zum Ziel. Das Nachholen eines Schulabschlusses bleibt für Schülerinnen und Schüler kostenfrei.

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Die 28 Oberstufenzentren werden qualitativ weiterentwickelt. Die Ganztagsschulen werden weiter ausgebaut.

Schulsozialarbeit ist ein wesentlicher Bestandteil der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen. Daher ermöglicht die Koalition den Einsatz von Schulsozialarbeitern an Schulen, sofern dies gewünscht wird. Dazu werden wir 100 Stellen für Schulsozialarbeiter zusätzlich schaffen.

Wir setzen uns für eine bessere Finanzierung der Schulsozialarbeit durch den Bund ein.

Die Bedürfnisse von Kindern mit Behinderungen sind gemäß der UN-Konvention für Men- schen mit Behinderungen stärker zu berücksichtigen. Im Bereich der inklusiven Bildung wird das Modellprojekt „Pilot-Schulen“ 2015 ausgewertet. Die bisherige Ausstattung der Modellschulen bleibt künftig erhalten. In die Auswertung des Modellprojekts werden die Empfehlungen des wissenschaftlichen Beirats „Inklusive Bildung“ und des Runden Tisches Inklusion einbezogen und notwendige Schlussfolgerungen gezogen.

Die Schulen in freier Trägerschaft ergänzen das staatliche Bildungsangebot in den einzelnen Bildungsgängen. Ihre Finanzierung wird vorbehaltlich abweichender Entscheidungen des Landesverfassungsgerichts beibehalten.

Wir wollen die Jugendlichen bei der Berufswahl besser unterstützen. Dabei soll die Berufs- orientierung systematisch mit Schulen und anderen Partnern qualifiziert werden. Wir prüfen dazu geeignete Instrumentarien, wie die verbindliche Verwendung des Berufswahlpasses, die intensivere Zusammenarbeit der allgemeinbildenden Schulen mit den Beratungsfach- kräften der Agenturen für Arbeit, regionalen Betrieben und den OSZ sowie die Einrichtung von Jugendberufsagenturen. Dazu dienen auch „Türöffner-Netzwerke“, die wir flächende- ckend einführen werden.

Es ist das Ziel der Koalition, in der beruflichen Ausbildung Begabungen und Bedarfe besser zusammenzubringen. Die Abbrecherquote v.a. im ersten Ausbildungsjahr werden wir ver- ringern. Dazu gehört auch die Verbesserung der Qualität der Ausbildung in den Ausbil- dungsbetrieben, z.B. durch betriebliche Ausbildungspläne.

Deshalb wird die schulische Berufsorientierung für Kinder und Jugendliche im Land Bran- denburg weiter systematisiert und eng mit dem System der beruflichen Ausbildung ver- schränkt. Wir wollen alle weiterführenden Schulen verpflichten, mit Unterstützung der Wirtschaftskammern mit der regionalen und lokalen Wirtschaft zusammenarbeiten. Dadurch erhalten Kinder und Jugendliche bereits während der Schulzeit eine kontinuierli- che, bedarfsgerechte Unterstützung, die mit Eintritt in die Ausbildung fortgeführt wird.

Zur Weiterentwicklung des Systems der Berufsorientierung gehört auch der Berufsorientie- rungsprozess im Rahmen der „Initiative Oberschule“.

Unter Einbeziehung regionaler Netzwerke wie „Schule und Wirtschaft“ unter dem Motto „Praxislernen“ sind potentielle Auszubildende durch „Unterrichtstage in der Wirtschaft“ besser auf die Berufswahl vorzubereiten.

Die Koalition setzt sich zum Ziel, auch die Berufsorientierung von Abiturientinnen und Abi- turienten zu verbessern.

Die Wirksamkeit der bestehenden Maßnahmen an Gymnasien wird überprüft. Veranstal- tungen zur Studien- und Berufsauswahl für angehende Abiturientinnen und Abiturienten werden verpflichtend eingeführt.

Die Koalition strebt die gezielte Förderung von Mädchen für zukunftsträchtige, technische Berufe an. Das ist ein Beitrag zur Fachkräftesicherung genauso wie zur Geschlechtergerech- tigkeit.

Das in der letzten Wahlperiode eingeführte Schüler-BAföG bleibt ein wichtiger Schritt zur Chancengerechtigkeit in der Bildung. Deshalb wird das Schüler-BAföG weiter ausgebaut und um eine Leistungskomponente erweitert: Wer gute Noten hat, bekommt zum Schuljah- resende einen einmaligen Aufschlag von 100 Euro auf den normalen Satz. Auf diesem Weg werden gute Leistungen belohnt und ein zusätzlicher Anreiz für die Anstrengungen in der Schule geboten.

Die Koalition unterstützt alle Initiativen, die eine Kooperation zwischen Bund und Ländern in der Bildungspolitik ermöglichen. Sie setzt sich auf Bundesebene dafür ein, dass das ver- fassungsrechtliche Kooperationsverbot mit dem Bund aufgehoben wird und dass die staatli- chen Ausgaben für Bildung endlich als Investitionen gelten.

Brandenburg ist und bleibt ein Land der Toleranz. Neue Ansätze bei der Aufklärung über historische Zusammenhänge und in den Bildungsangeboten in der Jugendarbeit, in Schulen und der Erwachsenenbildung sollen entwickelt und erprobt werden. Die Erziehung zur To- leranz, friedlichem Zusammenleben und Vielfalt muss bereits im vorschulischen Bereich einsetzen.

Brandenburg wird die europäische Werte- und Kulturerziehung ausbauen. Die Koalition strebt den Ausbau der Mehrsprachigkeit an – insbesondere die polnische Sprache steht dabei für uns im Zentrum.

Das bilinguale Witaj-Projekt wird fortgeführt und weiterentwickelt.

Wir wollen die steigende Anzahl von Kindern mit Migrationshintergrund und von Flücht- lingskindern frühzeitig in das Brandenburger Bildungssystem integrieren.

Weiterbildung muss eine zentrale Rolle in den Berufswegen aller Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer einnehmen. Betriebliche Arbeit ist deshalb so zu organisieren, dass Weiterbil-

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dung ein fester Bestandteil des Arbeitsalltags sein kann und Bildungsurlaub stärker in An- spruch genommen werden kann.

Brandenburg hat schon heute einen Spitzenplatz bei der beruflichen Weiterbildung und soll- te diesen weiter ausbauen. Dies ist u.a. eine Aufgabe für den Sozialpartnerdialog sowie für die Kammern, die das Land unterstützt. Die Koalition wird die Förderung mit Bildungs- schecks und Weiterbildungsprogrammen für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer als auch für Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber fortführen.

Das Netz der Volkshochschulen und der Heimbildungsstätten spielt eine besondere Rolle bei der allgemeinen, politischen und kulturellen Weiterbildung. Die Koalition unterstützt sie als wichtige Partner für lebenslanges Lernen. Durch Kooperationen mit anderen Kultureinrich- tungen sollen sie auch im Bereich der Kinder- und Jugendbildung tätig werden können.

Die Weiterbildungsangebote öffentlicher und freier Träger werden qualitativ und quantitativ verbessert. Wir werden die Finanzierung der öffentlichen und freien Träger der Weiterbil- dung ab dem Haushaltsjahr 2015 verbessern.

1.2. Jugend

Kinder und Jugendliche sind Mitglieder unserer Gesellschaft mit eigenen Rechten und Pflichten. Um ihnen einen guten Start ins Leben zu ermöglichen wird die Jugend- und Ju- gendsozialarbeit mindestens in jetziger Höhe fortgeführt und eng mit den Angeboten von Schulentwicklungs- und Jugendhilfeplanung sowie regionalisierter Arbeitsmarktpolitik ver- zahnt.

Die Koalition wird auch weiterhin Kinder- und Jugendorganisationen als Orte der Jugend- bildung und der Freiwilligendienste fördern. Eine Ausweitung der Einsatzgebiete der Frei- willigendienste wird angestrebt.

Kinder und Jugendliche sollen an demokratischen Prozessen teilhaben können. Die Ermögli- chung der Direktwahl von Schülersprecherinnen und -sprechern ist ein Teil davon. Weiter- hin wollen wir Demokratie- und Beteiligungsprojekte unterstützen.

Brandenburg wird sich im Bund weiter für die Aufnahme der Rechte von Kindern auf Schutz, Förderung und Beteiligung im Grundgesetz stark machen.

Der Landesjugendplan bleibt die Grundlage für die Jugendförderung, die außerschulische Jugendbildung, die internationale Jugendarbeit und die Jugendverbandsarbeit.

Die Koalition setzt sich dafür ein, Jugendaustauschmaßnahmen im europäischen Kontext, insbesondere mit der Republik Polen und anderen östlichen Nachbarn, zu verstärken.

Kinderarmut ist eines der bedrückendsten Probleme in unserer Gesellschaft. Die Koalition wird sich dafür einsetzen, dass die Regelleistungen für Kinder nach dem SGB II und dem

SGB XII eigenständig ermittelt werden. Die Regierung setzt sich für eine sachgerechte und armutsfeste Grundsicherung für Kinder ein.

1.3. Sport

Zur Stärkung des Breiten-, Behinderten- und Leistungssports werden wir die Sportförderung ab 2017 auf 17 Millionen Euro pro Jahr erhöhen. So stärken wir die vorhandenen Strukturen und schaffen Planungssicherheit.

Der Ausbau der Sportstätten von Vereinen im ländlichen Raum wird mit dem „Goldenen Plan Brandenburg“ in den kommenden Jahren weiter fortgesetzt. Damit ist der „Goldene Plan Brandenburg“ im Zusammenhang mit dem Investitionsförderprogramm eine gute Er- gänzung, um nachhaltige Investitionen in Sportstätten im ganzen Land zu sichern.

Das Ehrenamt im Sport sowie die Zusammenarbeit zwischen Vereinen und Schulen werden wir stärken.

In Zusammenarbeit mit dem Landessportbund wird die Koalition das Fördersystem der Sportschulen weiterentwickeln.

Brandenburg fördert den olympischen und den paralympischen Leistungssport. Wir werden die Barrierefreiheit in Sporteinrichtungen weiter ausbauen.

Die „duale Karriere“ wird weiter gefördert, um Sport und Ausbildung besser miteinander in Einklang bringen zu können.

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2. Wirtschaft, Energie und Verbraucherschutz 2.1. Wirtschaft und Energie

Ziel der Wirtschaftspolitik ist und bleibt es, günstige Rahmenbedingungen für zukunftsfähi- ge und gute Arbeitsplätze zu schaffen und alles dafür zu tun, bestehende Arbeitsplätze zu sichern. Die Vielfältigkeit des Landes findet ihren Ausdruck auch in der Vielfalt der bran- denburgischen Wirtschaftsstruktur.

Handwerker, Dienstleister und Mittelständler mit regionaler Verwurzelung sowie die Freien Berufe sind das Rückgrat unserer Wirtschaft. Gerade das Handwerk mit seinen vielen Be- trieben, das eine hohe Zahl an Arbeitsplätzen zur Verfügung stellt, ist in seiner Bedeutung für Brandenburg kaum zu überschätzen.

Die Unterstützung der Unternehmen sowie die Stärkung der industriellen Kerne, der weitere Ausbau der industriellen Basis sowie die Erschließung neuer Wirtschaftsfelder und Zu- kunftsbranchen sind der Schlüssel zu einer weiterhin guten Entwicklung der brandenburgi- schen Wirtschaft.

Die Förderpolitik unter dem Motto „Stark für die Zukunft – Kräfte bündeln“ war in den ver- gangenen Jahren äußerst erfolgreich. Der Grundsatz „Stärken stärken“ bleibt übergeordnetes Prinzip der Förderpolitik. Ziele sind die nachhaltige Steigerung von Wachstum und Beschäf- tigung im Land Brandenburg, die Fachkräftesicherung und die Internationalisierung der Wirtschaft.

Die regionale und sektorale Konzentration der Fördermittel auf Regionale Wachstumskerne (RWK) und Branchenkompetenzfelder wird fortgesetzt. Die Instrumente werden noch enger miteinander verzahnt.

Die RWK werden in der jetzigen Zusammensetzung beibehalten. Sie haben in den vergange- nen Jahren bewiesen, dass sie große Auswirkungen auf ihr gesamtes Umfeld haben. Die Ko- operation mit Kommunen in der direkten Nachbarschaft wird deshalb ausgeweitet und noch mehr in den Mittelpunkt gerückt. Auf diesem Weg soll die gute Entwicklung der RWK auch auf das Umland ausstrahlen und ihr Wirkungskreis vergrößert werden. Die RWK können sich so noch stärker profilieren.

Regionale und sektorale Schwerpunktsetzung, der Aktionsplan Pro Industrie und die Inno- vationsstrategie mit Berlin werden fortgesetzt und weiter entwickelt. Dabei werden die vor- handenen Instrumente laufend auf ihre Wirksamkeit überprüft und weiterentwickelt.

Die Wirtschafts- und Technologieförderung wird auf besonders zukunftsfähige Branchen konzentriert.

Auch die Eigenkapitalstärkung der kleinen und mittleren Unternehmen wird weiterhin Schwerpunkt für die Stärkung der brandenburgischen Wirtschaft in den nächsten Jahren sein.

Wir werden Internationalisierung, Innovation und Imagebildung, die länderübergreifende Zusammenarbeit sowie die Bildung von Netzwerken weiter befördern. Die Weiterentwick- lung der Branchenkompetenzfelder zu Clustern wurde in der letzten Wahlperiode auf den Weg gebracht. Ergebnis ist die gemeinsame Innovationsstrategie (innoBB) mit ihren fünf gemeinsamen Clustern für die Hauptstadtregion (Energietechnik; Gesundheitswirtschaft; IKT, Medien und Kreativwirtschaft; Optik; Verkehr, Mobilität und Logistik) und den vier brandenburgspezifischen Clustern (Ernährungswirtschaft; Kunststoffe und Chemie; Metall; Tourismus). Gerade letztere haben große Bedeutung für Wachstum und Beschäftigung in der Fläche.

Aufgrund der kleinteiligen Wirtschaftsstruktur in Brandenburg ist dies jedoch ein an- spruchsvoller Prozess, der viel Zeit in Anspruch nimmt. Im Dialog mit Unternehmen, Wis- senschaft und Verbänden wird nachjustiert, um den Mehrwert für Unternehmen und Wis- senschaft zu verdeutlichen. Die Clusterstrukturen werden zusammen mit der Wirtschaft mit dem Ziel der Vereinfachung der Förderung auf ihre Wirkungen überprüft. Die Clusterförde- rung wird in den kommenden fünf Jahren weitgehend von der Förderung durch Zuschüsse auf eine Förderung durch Darlehen umgestellt werden.

Die länderübergreifende Zusammenarbeit im Wirtschaftsbereich wird verstärkt. Zudem wird die Koalition die Rahmenbedingungen zur Beteiligung an länderübergreifenden Spit- zenclustern mit benachbarten Bundesländern schaffen, sowie die Internationalisierung der Cluster weiter vorantreiben.

Wir wollen die Zusammenarbeit der Wirtschaftsförderung von Berlin und Brandenburg wei- ter verbessern, um die gemeinsame Hauptstadtregion zu einer europäischen Innovationsre- gion zu entwickeln. Dazu streben wir eine Kooperationsvereinbarung der beiden Wirt- schaftsfördergesellschaften an. Die Wirtschaftsförderung wird stärker an die Kriterien „Gu- ter Arbeit“ gebunden.

Die Koalition wird auch künftig die Ansiedlung von Investoren, die Entstehung von Unter- nehmen durch Ausgründungen aus Hochschulen und außeruniversitären Forschungsein- richtungen sowie den Technologietransfer unterstützen. Neue Impulse im Wissens- und Technologietransfer sollen durch die verstärkte Ausrichtung auf das Entstehen von Markt- führerschaften sowie die erstmalige Umsetzung von technischen Lösungen in international wettbewerbsfähigen Produkten, Verfahren oder Dienstleistungen entstehen.

In Brandenburgs Wirtschaft stehen in den kommenden Jahren viele tausend Unternehmens- übergänge an. Um die Unternehmensnachfolge zu erleichtern, wird die Koalition die Ver- mittlungsplattformen der Kammern unterstützen.

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Die Koalition wird weiterhin Existenzgründungen in Brandenburg unterstützen und för- dern. Verstärktes Augenmerk wird auch auf die Förderung der Unternehmensnachfolge gelegt. Das bewährte Instrumentarium der Existenzgründungsförderung mit den regionalen Lotsendiensten im Zentrum führen wir weiter. Wir werden eine ressortübergreifende Grün- dungs- und Unternehmensnachfolgestrategie erarbeiten. Sie zielt auch auf Bürokratieabbau, Verwaltungsmodernisierung und E-Government ab und wird Angebote zur Beratung und Finanzierung enthalten. Weiterbildung, Gründungs- und Unternehmensnachfolgebeihilfen insbesondere für Handwerker („Meistergründungsprämie“ in Anlehnung an das Berliner Programm) spielen dabei eine wichtige Rolle.

Die Koalition setzt sich für eine Förderung des Genossenschaftswesens ein. Genossenschaf- ten haben sich gerade in Zeiten großer struktureller wirtschaftlicher Veränderungen als in- novative und stabile Unternehmensformen erwiesen. Die neuen gesellschaftlichen Heraus- forderungen, beispielsweise der demografische Wandel oder die Gestaltung der Energie- wende können mit Hilfe von Genossenschaften erleichtert werden. Auch bei der Regelung der Unternehmensnachfolge bietet das Genossenschaftsmodell eine Alternative. Industrie- genossenschaften erhalten unsere Unterstützung, damit Kooperationen zwischen Industrie- unternehmen und Nachfolgeregelungen bei der Unternehmensführung einfacher werden. Das dient insbesondere dem Mittelstand, dem wirtschaftlichen Rückgrat unseres Landes.

Die Hauptstadtregion entwickelt sich zu einem bedeutenden Standort der Luft- und Raum- fahrtindustrie, der insbesondere im Bereich Triebwerke große Potentiale aufweist. Die Koali- tion wird diese dynamische Entwicklung und die Zusammenarbeit der Unternehmen im Luft- und Raumfahrtbereich gezielt unterstützen.

Die schnellstmögliche Fertigstellung des Flughafens Berlin-Brandenburg (BER) und der be- darfsgerechten Infrastruktur im Flughafenumfeld bleiben Ziele der Koalition. Oberste Priori- tät hat ebenfalls die schnelle Umsetzung des Schallschutzprogramms. Härtefälle sollen groß- zügig behandelt werden.

Eine dritte Start- und Landebahn wird von der Koalition abgelehnt. Der Flughafen wird nur erfolgreich sein können, wenn er in der Region akzeptiert ist.

Mehr Nachtruhe zu erreichen, bleibt eine Daueraufgabe. Die Koalition unterstützt nach wie vor dieses Anliegen und wird bei den Forderungen an die Miteigentümer des Flughafens nicht nachlassen. Die Erhebung hoher Nutzungsentgelte für Starts und Landungen in der Zeit zwischen 22 und 6 Uhr stellt eine Möglichkeit dar, Starts und Landungen in diesem Zeitraum wirtschaftlich unattraktiv zu machen. Die Koalition wirkt darauf hin, dass das Um- feld des Flughafens BER zur Modellregion beim Thema Gesamtlärmbetrachtung wird.

Die Koalition wird auch weiterhin auf die notwendige Transparenz der Entwicklung der Kosten des Projektes hinwirken. Sie wird darauf achten, dass die Flughafengesellschaft zur Finanzierung der Inbetriebnahme vorrangig Quellen außerhalb weiterer Kapitalzufuhren der Gesellschafter identifiziert und ausschöpft. Dies gilt auch für notwendige Kapazitätser- weiterungen.

Brandenburg ist Energieexportland und Vorreiter beim Ausbau der Erneuerbaren Energien. Dies soll auch in Zukunft so bleiben. Deshalb bekennt sich die Koalition zur Energiewende und zum Wandel hin zu Erneuerbaren Energien. Der Atomausstieg muss unumkehrbar bleiben. Wir wollen, dass die Erneuerbaren Energien bis 2030 in Brandenburg einen Anteil von mehr als 30 Prozent am Primärenergieverbrauch haben. Zugleich soll der Ausstoß von Kohlendioxid bis 2030 gegenüber dem Referenzjahr 1990 um 72 Prozent gesenkt werden. Damit setzen wir die Energiestrategie 2030 weiter um und tragen maßgeblich zur Erfüllung der energie- und klimapolitischen Ziele des Bundes bei.

Aufgrund des weit fortgeschrittenen Ausbaus der Erneuerbaren Energien verfügen wir über einen großen Erfahrungsschatz. In Brandenburg gibt es nicht mehr nur die Energieregion Lausitz – auch andere Landesteile – wie die Prignitz – sind bereits Energieregionen oder auf dem Weg dorthin. Die Energiewende hat das ganze Land erfasst; sie prägt den Struktur- wandel. Wir wollen diese Prozesse sozial und ökologisch und mit ökonomischer Vernunft gestalten.

Angesichts des erreichten Standes sind wir aber zugleich schon jetzt mit Problemen konfron- tiert, die in anderen Bundesländern noch nicht auftreten. Dies betrifft zum Beispiel vorhan- dene Akzeptanzprobleme in der Bevölkerung, die Verfügbarkeit von Flächen für Windkraft- anlagen, Konflikte mit dem Naturschutz oder technische Probleme aufgrund des hohen An- teils volatilen Stroms aus erneuerbaren Energiequellen im Netz.

Für die kommenden Jahre ist deshalb für uns die Systemintegration der Erneuerbaren Ener- gien unter den Stichworten Netzausbau, Versorgungssicherheit und Speicherfähigkeiten besonders wichtig. Auf diese Themen wird die Koalition ihr Hauptaugenmerk legen. Dafür wird das bewährte Förderprogramm RENplus weiterentwickelt. Im Rahmen von RENplus wollen wir insbesondere Modellvorhaben zu Speichertechnologien und die Umsetzung regi- onaler und kommunaler Energiekonzepte voran bringen. Hierfür wird die Koalition jährlich mindestens 10 Millionen Euro bereitstellen.

Die gegründete Energie-Allianz in Brandenburg werden wir weiter zu einem Forum der Ak- teure der Energiewende entwickeln.

Die Koalition wird die Speicherinitiative konsequent fortführen. Sie strebt an, am Standort Sperenberg ein Leitprojekt im Rahmen des EEG für ein speicherkombiniertes Erneuerbare- Energien-Kraftwerk umzusetzen. Auch auf Bundesebene wird sich die Koalition für die Entwicklung und den Ausbau leistungsfähiger Speichertechnologien einsetzen.

Um den Ausbau der Erneuerbaren Energie voranzutreiben, setzt die Koalition insbesondere auf den weiteren Ausbau der Windkraft. Dabei sollen vor allem ältere und laute Windräder durch effektivere und leisere ausgetauscht werden

Die Koalition ist sich einig, dass ein Landesgesetz, das Regelungen zu Abständen von Wind- kraftanlagen trifft, die Ausgewogenheit eines regionalplanerischen Standortkonzeptes nicht ersetzen kann. Wichtig ist, dezidiert die räumlichen und topografischen Erfordernisse, insbe- sondere zu den schutzwürdigen Belangen, zu berücksichtigen. Nur im Rahmen einer regio-

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nal verorteten Planung kann eine rechtssichere Abwägung der widerstreitenden Interessen erfolgen. Wir setzen dabei auf die Regionalen Planungsgemeinschaften. Das Gesetz zur Re- gionalplanung und zur Braunkohlen- und Sanierungsplanung soll dahingehend geändert werden, dass die Mitwirkungsrechte kleiner Kommunen gestärkt werden.

Die Erneuerbaren Energien sind noch stärker für die Versorgung mit Strom und Wärme und die Sicherung der notwendigen Mobilität zu nutzen. Hierzu ist die Entwicklung neuer Tech- nologien erforderlich, die zu klimafreundlicheren und effizienteren Verfahren und Prozessen führen. Das dient zugleich dem Wirtschaftswachstum und der Schaffung neuer, zukunftsfä- higer Arbeitsplätze.

Die Energiewende hat auch die Senkung des Energieverbrauchs insgesamt zum Ziel. Um die Energiekosten für Haushalte und Unternehmen zu senken, werden wir eine „Energieeffizi- enz-Offensive Brandenburg“ zur Energieeinsparung starten. Wir werden Projekte kleiner und mittlerer Unternehmen zur Verbesserung der Energieeffizienz durch ein aus Landes- und EU-Mitteln finanziertes Programm der Investitionsbank des Landes Brandenburg (ILB) fördern. Energieeffizienz, Speichertechnologien und Energiemanagement sollen Forschungs- schwerpunkte an den Brandenburger Hochschulen werden, die BTU Cottbus-Senftenberg wird dabei besonders unterstützt.

Die Koalition spricht sich für den Einsatz energieeffizienter Produkte aus und wird dies durch Handbücher, Leitfäden und Weiterbildungen befördern.

Die Vergabe von Landesmitteln bei Zuwendungs- und Fördermaßnahmen wird an den Nachweis der Energieeffizienz gekoppelt, wenn die Investitionen bauliche Maßnahmen oder technische Anlagen zum Betrieb von Gebäuden beinhalten.

Die Energiewende steht und fällt mit der Akzeptanz durch die Bürgerinnen und Bürger. Notwendigkeit und Nutzen der Energiewende müssen immer wieder neu deutlich werden. Darum werden wir den Dialog zur Energiewende weiterführen. In den letzten Jahren ist deutlich geworden, dass die Akzeptanz der Energiewende immer stärker von den Kosten für die privaten Haushalte und die Unternehmen, von dem Preis, der für die Energiewende ge- zahlt werden muss, abhängt. Der Ausbau der Erneuerbaren Energien hat gerade in Bran- denburg zu spürbaren Steigerungen bei den Strompreisen geführt. Mit der Novellierung des EEG sind erste Schritte eingeleitet worden, mit denen gegengesteuert wird. Der Ausbau der Erneuerbaren Energien hat aber auch zu – im Bundesvergleich – deutlich höheren Netzent- gelten geführt. Dies ist nicht länger hinnehmbar. Deshalb wird sich die Koalition auf Bun- desebene für einen fairen Lastenausgleich zwischen allen Verbrauchern, d.h. der Industrie und den Privatkunden sowie zwischen den Bundesländern einsetzen. Als ersten Schritt wird die Koalition Initiativen unternehmen, die zu einer Abschaffung der vermiedenen Netzent- gelte bei volatilen Energien führen sollen. Darüber hinaus wird ein bundesweit einheitliches Netzentgelt auf der Ebene der Übertragungsnetze angestrebt.

Von besonderer Bedeutung für den Industriestandort Brandenburg ist die Gewährleistung der Versorgungssicherheit.

Es ist ein sichtbares Zeichen für das Voranschreiten der Energiewende‚ wenn in Branden- burg inzwischen rein rechnerisch mehr als 70 Prozent des Strombedarfs aus Erneuerbaren Energiequellen gedeckt werden kann.

Andererseits muss berücksichtigt werden, dass gegenwärtig nicht absehbar ist, wann eine vollständige und vor allem kontinuierliche Versorgung aus Erneuerbaren Energiequellen in Brandenburg und erst recht in ganz Deutschland möglich sein wird. Braunkohle-Nutzung in Deutschland ist daher solange erforderlich, bis der Industriestandort Deutschland seinen eigenen Energiebedarf sicher und zu international wettbewerbsfähigen Preisen aus Erneuer- baren Energien decken kann.

In Brandenburg bleibt daher neben den Erneuerbaren Energien die Braunkohle als heimi- scher konventioneller Energieträger als Brückentechnologie in der Energiewende von be- sonderer Bedeutung.

Die Braunkohlekraftwerke und die damit verbundenen Tagebaue bieten zudem gute Arbeit für tausende Brandenburgerinnen und Brandenburger. Trotz des in der Lausitz schon weit fortgeschrittenen Strukturwandels sind sie damit struktur- und arbeitsmarktpolitisch, aber auch für die Kaufkraft und die Einnahmen der Kommunen in der Lausitz‚ nach wie vor von großer Bedeutung. Die Zunahme der Erzeugung von Energie aus Erneuerbaren Energien sowie deren Systemintegration werden perspektivisch zu einer Absenkung der notwendigen Energieerzeugung aus fossilen Energieträgern führen.

Deshalb wird die Koalition den Strukturwandel in der Lausitz weiter mit den ihr zur Verfü- gung stehenden Mitteln begleiten und unterstützen. Wir werden ihn in einer Art und Weise gestalten, dass Versorgungssicherheit gewährleistet bleibt und alle Akteure eingebunden werden.

In diesem Zusammenhang ist es auch unabdingbar erforderlich, neben dem Ausbau der Er- neuerbaren Energien für den konventionellen Kraftwerkspark ebenfalls verlässliche ökono- mische Rahmenbedingungen zu schaffen, die einen wirtschaftlichen Betrieb und bei Bedarf notwendige Investitionen zulassen und die Aufgabenerfüllung im Rahmen des Prozesses der Energiewende sichern. Das wird die Koalition gewährleisten und in diesem Sinne auch bun- despolitisch agieren. Vor diesem Hintergrund wird sich die Koalition in den laufenden Dis- kussionsprozess über Kapazitätsmechanismen intensiv einbringen und insbesondere darauf hinwirken, dass dabei keine Benachteiligung einzelner Energieträger in Land und Bund auf- tritt.

Die Koalition bekennt sich zu den bestehenden Braunkohleplänen und zum Braunkohlen- plan Welzow-Süd, Teilabschnitt II und wird die notwendigen Verfahren weiter führen. Die bedarfsgerechte Weiterversorgung des Kraftwerks Schwarze Pumpe muss über das Jahr 2025 hinaus gewährleistet werden, um für Brandenburg eine sichere, nachhaltige und möglichst preiswerte Energieversorgung sicherzustellen.

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Die Koalition hält daran fest, dass ein Kraftwerksneubau nur stattfinden kann, wenn damit die Erreichung der Klimaschutzziele der Energiestrategie 2030 nicht gefährdet wird. Sollte es erforderlich sein, wird die Koalition die Schaffung rechtlicher Rahmenbedingungen für ent- sprechende Genehmigungsvorbehalte prüfen.

Die Weiterführung des Genehmigungsverfahrens für den Tagebau Jänschwalde Nord steht im engen Zusammenhang mit einer möglichen lnvestitionsentscheidung für den Neubau eines Braunkohlekraftwerks am Standort Jänschwalde.

Die Koalition erwartet, dass seitens des Bundes bis Ende 2015 die ordnungs- und strukturpo- litischen Rahmensetzungen für die weitere Entwicklung der Energiewende geschaffen sind. Wir erwarten dann eine verbindliche Entscheidung über die Absicht der Investoren für einen Kraftwerksneubau. Vor diesem Hintergrund wird dann zu entscheiden sein, ob das Geneh- migungsverfahren weitergeführt wird. Eine „Vorratsplanung“ kann und wird es nicht ge- ben.

Unter den gegebenen Bedingungen wird es die unterirdische Verpressung von CO2 (CCS) in Brandenburg nicht geben. Den Einsatz von Fracking-Technologien mit umweltgefährdenden Stoffen lehnen wir ab.

Die Kompetenzen für die Energiepolitik werden in einem Ministerium gebündelt. Die „Energiestrategie 2030“ wird evaluiert und in Abhängigkeit von den Ergebnissen der Evalu- ation angepasst. Dabei sind auch Weichenstellungen der Bundesregierung, insbesondere im Zusammenhang mit dem EEG, Kapazitätsmechanismen, Netzausbau und Speichervorhaben, zu berücksichtigen. Mit der Energiestrategie wollen wir auch weiterhin den technologischen und gesellschaftlichen Durchbruch für die Erneuerbaren Energien politisch gestalten.

Die Beseitigung der Folgen der sogenannten Verockerung der Spree bleibt auch in den nächsten Jahren eine große Herausforderung. Die Koalition setzt sich dafür ein, dass weiter- hin alle Instrumente, die geeignet sind, Einträge aus dem Grundwasser in die Spree zu ver- meiden und eine voranschreitende Verockerung zu verhindern, länderübergreifend ange- wandt werden. Die bereits eingeleiteten kurz- und mittelfristigen Maßnahmen werden wei- ter unterstützt. Finanziell und technisch verantwortlich ist und bleibt allerdings die Lausit- zer-Mitteldeutsche Braunkohlegesellschaft (LMBV), die auch die notwendigen Maßnahmen zielstrebig umsetzen muss. Im Rahmen der Verhandlungen über die Weiterführung des Verwaltungsabkommens zwischen Bund und Ländern über die Regelung der Finanzierung der ökologischen Altlasten über das Jahr 2017 hinaus, wird sich die Koalition auch dafür einsetzen, dass hinreichend finanzielle Mittel zur längerfristigen Überwindung der Schäden bereitstehen.

Die Koalition wird die Wirtschaftsinitiative Lausitz und andere Initiativen aus der Region in ihrem Bestreben unterstützen, der Lausitz weitere gute Zukunftsperspektiven zu eröffnen.

Eine starke Industrie ist die Basis des wirtschaftlichen Erfolgs Brandenburgs. Die Industrie- politik ist deshalb zentraler Bestandteil der Wirtschaftspolitik der Koalition. Dabei haben

sich die Rahmenbedingungen durch soziale und technologische Entwicklungen rapide ge- ändert. Besonders für kleine und mittlere Unternehmen ist es schwierig, sich auf die Digitali- sierung der Industrie („Industrie 4.0“) und der Arbeit („Arbeit 4.0“) einzustellen. „Industrie 4.0“ wird maßgeblich über die Wettbewerbsfähigkeit der Industrieunternehmen und damit den Industriestandort Deutschland entscheiden. Die überwiegend kleinen brandenburgi- schen Industrieunternehmen wollen wir auf dem Weg der „vierten industriellen Revoluti- on“ durch ein Netzwerk an entsprechend qualifizierten Unterstützungsangeboten aktiv begleiten. Dazu wird ab 2015 eine Transferplattform „Moderne Industrie Brandenburg“ aufgebaut.

Die Wettbewerbsfähigkeit der brandenburgischen Industrie zu verbessern sowie die Be- standspflege und Fachkräftesicherung sind die wirtschaftspolitischen Hauptaufgaben für die kommenden Jahre. Dabei wird die Zukunftsagentur Brandenburg (ZAB), die bisher vor al- lem die Ansiedlung neuer Unternehmen begleitet, stärker einbezogen und aktiv werden.

Die Koalition setzt sich zum Ziel den Anteil der Industrie und der industrienahen Dienstleis- tungen an der Wirtschaft weiter auszubauen und dabei wirtschaftliches Wachstum stärker mit ökologischer und sozialer Nachhaltigkeit zu verknüpfen. Dazu gehört es auch, die Po- tentiale des Landes Brandenburg bei der Primär- und Sekundärrohstoffgewinnung zu nut- zen.

Über ein „Netzwerk Industriekultur“ sollen die verschiedenen industriekulturellen Einrich- tungen im Land verknüpft werden. Damit wird ein Beitrag zur Stärkung der regionalen Identität geleistet.

Der Tourismus in Brandenburg hat sich als stabiler Wirtschaftsfaktor etabliert und leistet einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung unseres Landes. Der Tourismus prägt national wie international das positive Image Brandenburgs als weltoffenes, attraktives und tolerantes Bundesland.

Wir wollen die im Tourismus liegenden Potentiale der Kultur-(Wirtschaft), im Naturtouris- mus sowie im Gesundheits-, Kur-, und Wellnesstourismus noch besser nutzen.

Neben den regionalen Reiseregionen kommt dabei auch zukünftig der TMB als Landesmar- ketingorganisation eine bedeutende Rolle zu. Ihre Aufgabe geht über das klassische Touris- mus-Marketing hinaus und beinhaltet neben der Weiterführung des Prozesses zur Bildung einer touristischen „Marke Brandenburg“ die Koordinierung aller am Tourismus beteiligten Akteure – Reiseregionen, Verbände und Leistungsträger. Die Koalition wird die touristische Vermarktung Brandenburgs national und international weiter ausbauen. Die enge Zusam- menarbeit mit dem Berlin-Tourismus hat sich bewährt und wird fortgesetzt.

Mit dem Auf- und Ausbau der touristischen Infrastruktur hat sich Brandenburg in den letz- ten Jahren insbesondere in den Bereichen Rad- und Wasserwege zu einer der führenden Des- tinationen in Deutschland entwickelt. Die touristische Infrastrukturentwicklung ist nun weitgehend abgeschlossen. Jetzt gilt es, diese dauerhaft zu erhalten und weiter zu entwi-

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ckeln. Das Land wird Gespräche mit dem Bund bezüglich der Schiffbarkeit der tourismusre- levanten Wasserstraßen führen sowie den Regionen zum Erhalt und zur Koordinierung des überregionalen Radwegenetzes Vorschläge unterbreiten.

Projekte wie die „Wassertourismus-Initiative Nordbrandenburg“ und die „märkische Um- fahrt“ werden weiter unterstützt.

In den kommenden Jahren geht es dabei vor allem darum, die gute touristische Infrastruktur noch stärker bekanntzumachen und die Auslastung zu erhöhen. Neben der Zahl der Tages- touristinnen und -touristen soll auch die Zahl der Übernachtungsgäste zunehmen.

Die Landesregierung unterstützt darüber hinaus die Initiativen der Branche zur Qualifizie- rung von Fachkräften als Basis für einen qualitätsbewussten und nachhaltigen Tourismus. Die Koalition wird die Zusammenarbeit mit den benachbarten Bundesländern verstärken. Auch und gerade wegen des kurz vor der Vollendung stehenden Lausitzer Seenlands wird die Werbung in unseren Nachbarländern Polen und der Tschechischen Republik verstärkt.

Die Koalition erwartet, dass die Tourismuswirtschaft ihren Anteil an der Gesamtfinanzie- rung der touristischen Vermarktung weiter erhöht.

2.2. Verbraucherschutz

Verbraucherberatung ist ein Grundpfeiler für eine starke Verbraucherpolitik. Verbrauche- rinnen und Verbraucher sollen bewusste Entscheidungen treffen können. Die Koalition ver- folgt deshalb eine Verbraucherschutzpolitik, die über Information und Kennzeichnung von Produkten oder Dienstleistungen bewusstes Handeln der Verbraucher ermöglichen soll. Die Verbraucherzentralen werden so ausgestattet, dass alle Brandenburgerinnen und Branden- burger ihre Dienstleistungen nutzen können. Die Finanzierung wird weitergeführt und soll mehrjährig gesichert werden.

Die Fortsetzung der allgemeinen deutsch-polnischen Verbraucherberatung in Frankfurt (Oder) ist einer der Schwerpunkte der Verbraucherpolitik. Die Finanzierung wird daher wei- tergeführt.

Die Arbeit des gemeinsamen Landeslabors Berlin-Brandenburg wird langfristig gesichert.

Die Koalition setzt sich auf Bundesebene für eine gesetzliche Begrenzung von Dispositions- kreditzinsen

Jeden in nationales Recht ein.
Die Verbraucherpolitische Strategie des Landes wird umgesetzt und fortgeschrieben.

Die Koalition prüft die Beteiligung Brandenburgs am EU-Schulobst- und Schulmilchpro- gramm.

und für die fristgemäße Umsetzung des Beschlusses des EU-Parlaments über

einen Anspruch auf ein Girokonto für

3. Gute Arbeit, Familie, Frauen, Soziales und Gesundheit 3.1. Gute Arbeit

Brandenburg ist das Land der sozialen Gerechtigkeit und des sozialen Aufstiegs, der öko- nomischen Vernunft und des Zusammenhalts. Unser Ziel ist eine Gesellschaft, die stark ist, gerade weil es in ihr gerecht zugeht. Vorsorgende Sozialpolitik ist der Weg, mit dem die Ko- alition dieses Ziel verfolgt.

Brandenburg ist ein moderner Industrie- und Dienstleistungsstandort mit zukunftsträchti- gen Arbeitsplätzen und guten Lebensbedingungen. Die Koalition wird Brandenburgs Image als modernes, tolerantes und lebenswertes Land stärken, um Fachkräfte im Land zu halten oder ins Land zu holen.

Gute Arbeit: Das bedeutet anständige Bezahlung, sichere Arbeitsplätze, die Vereinbarkeit von Job und Familie, altersgerechte Arbeitsbedingungen, ein betriebliches Gesundheitsma- nagement, hohe Standards beim Arbeitsschutz und eine funktionierende Sozialpartnerschaft.

Die Koalition unterstützt alle Maßnahmen, die Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden dabei helfen, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern gute und sichere Arbeitsplätze zu bie- ten. Beide Seiten brauchen hohe Organisationsgrade, um so mehr Tarifbindung und Tarif- verträge zu erreichen.

Die soziale Marktwirtschaft funktioniert nur mit einer starken Sozialpartnerschaft. Der er- folgreiche Sozialpartnerdialog wird deshalb weiterentwickelt. Ziel ist es, den Brandenburger Arbeitsmarkt attraktiver zu machen, um Arbeitskräfte hier zu halten und neue zu gewinnen. Durch gemeinsame Projekte sollen die Arbeitsbedingungen sowie die Innovationsfähigkeit der Unternehmen und das Qualifikationsniveau der Beschäftigten verbessert werden.

Im Dialog mit den Branchen soll dem Fachkräftemangel entgegengewirkt sowie die Aus- und Fortbildung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern verbessert werden.

Die Koalition schlägt vor, das Bündnis für Fachkräftesicherung und den Sozialpartnerdialog zu einem „brandenburgischen Bündnis für gute Arbeit“ weiterzuentwickeln.

Gemeinsam werden wir auch stärker gegen Schwarzarbeit vorgehen. Hierzu streben wir an, das „Südbrandenburger Bündnis gegen Schwarzarbeit“ auf das gesamte Land Brandenburg auszuweiten.

Brandenburg war ein Vorreiter in Deutschland für den allgemeinen Mindestlohn. Wir haben uns dafür gegenüber dem Bund stark gemacht – und zugleich im eigenen Land mit dem Vergabegesetz für öffentliche Aufträge das getan, was in unserer Hand lag. Dass es den bundesweiten Mindestlohn geben wird, ist auch ein Erfolg Brandenburgs.

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Die Überprüfung der Höhe des Mindestlohns bei öffentlichen Auftragsleistungen in Bran- denburg wird auf Vorschlag der Brandenburger Mindestlohnkommission für Anfang 2015 angestrebt. Die Koalition wird das brandenburgische Vergabegesetz novellieren und mit den neuen bundesgesetzlichen Rahmenbedingungen synchronisieren. Dazu gehört auch, dass ab dem 30. Juni 2019 die Lohnuntergrenze im brandenburgischen Vergabegesetz mit dem ge- setzlich festgelegten Mindestlohn übereinstimmen soll. Seine schrittweise Einführung durch den Bundesgesetzgeber darf nicht unterlaufen werden.

Die Koalition wird die Fachkräftestrategie, die auf dem Dreiklang Fachkräfte zu bilden, zu halten und zu gewinnen beruht, weiterverfolgen. Fachkräfte sind zukünftig der wesentliche Faktor für Investitionen in Brandenburg, deshalb kommt dieser Frage eine besondere Bedeu- tung zu.

Die duale Ausbildung in Industrie, Handwerk und Verwaltung ist hochattraktiv und eröff- net viele Chancen – wie zum Beispiel die eines dualen Studiums. Die Koalition wird mit Kampagnen für die Ausbildung in Brandenburg werben.

Die Situation auf dem Ausbildungsmarkt hat sich in den vergangenen Jahren stark verän- dert. Nicht mehr der Mangel an Ausbildungsplätzen sondern vorhandene Passungsproble- me sind die zentrale Herausforderung auf dem Ausbildungsmarkt.

Damit im Land wieder gut ausgebildet wird und genügend Fachkräfte zur Verfügung ste- hen, wird das Ausbildungssystem nachhaltig gestärkt. Die Koalition setzt sich für mehr be- triebliche Ausbildungsplätze in den wachstumsstarken Bereichen ein. Zur Erhöhung der Ausbildungsneigung und zur Sicherung der Ausbildungsbereitschaft der Betriebe wird die Koalition auch zukünftig die Verbundausbildung fördern. Die Vermeidung von Passungs- problemen, d.h. die Gleichzeitigkeit von unbesetzten Ausbildungsplätzen und unversorgten Jugendlichen wollen wir durch intensive Information und Beratung von Jugendlichen und Eltern zu regionalen Ausbildungsangeboten erreichen.

Ziel der Koalition ist es, die Zahl der jährlich neu abgeschlossenen betrieblichen Ausbil- dungsverträge bei über 10.000 Verträgen zu halten. Hierbei kommt der Fortsetzung des Brandenburgischen Ausbildungskonsenses eine wichtige Rolle zu. Stärker als in der Vergan- genheit will die Koalition die duale Ausbildung als erfolgreichen Karriereweg aufwerten. Die akademische und berufliche Bildung dürfen nicht als konkurrierende Systeme verstan- den werden, sondern als sich Ergänzende, deren Durchlässigkeit wir verbessern wollen.

Jede Fachkraft, die in Brandenburg einen Ausbildungsplatz oder eine neue berufliche Per- spektive sucht, ist willkommen.

Das Fachkräfteportal soll dazu beitragen, in Brandenburg eine Willkommenskultur zu ent- wickeln. Gut ausgebildete Menschen, die nach Brandenburg zurückkehren, sollen bei ihrer Rückkehr mit dem Fachkräfteportal eine zentrale Anlaufstelle finden. Es ist Ziel der Koaliti- on, Rückkehrerinnen und Rückkehrern den Weg in die alte Heimat so leicht wie möglich zu machen.

Die Anerkennung im Ausland erworbener Berufsqualifikationen wird weiter erleichtert. Talentierte Fachkräfte aus dem Ausland sollen auch mit Hilfe von Stipendienprogrammen und Gutscheinen systematisch angeworben und integriert werden.

Die Koalition unterstützt die Brandenburger Unternehmen durch die Förderung von Innova- tionsfachkräften, insbesondere bei der Einstellung von Hochschulabsolventinnen und – absolventen (Innovationsassistenten) sowie durch die frühzeitige Bindung Studierender an Brandenburger Unternehmen mit einem „Brandenburg-Stipendium“.

Rückkehrerinnen und Rückkehrer auf den Arbeitsmarkt, die zum Beispiel nach einer Fami- lienpause, einer Pflegephase oder einem anderen Zeitraum der Nicht-Erwerbstätigkeit wie- der einsteigen, brauchen Unterstützung. Sie werden durch gezielte Qualifizierungsmaßnah- men und Wiedereinstiegsprogramme gefördert.

Vorhandene Initiativen, die jungen Erwachsenen zwischen 25 und 35 Jahren ohne abge- schlossene Berufs- oder Schulausbildung eine zweite Chance auf einen Berufseinstieg bieten, werden gefördert und ausgebaut.

Ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und ihre Kompetenzen werden gebraucht. Die Koalition wird sich bei Unternehmen dafür einsetzen, mehr ältere Menschen zu beschäfti- gen, sie weiterzubilden und Arbeitsplätze und Arbeitszeit altersgerecht auszugestalten.

Brandenburg hat große Erfolge bei der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit erreicht. Aber auch wenn sich die Arbeitslosigkeit in den vergangenen Jahren in Brandenburg halbiert hat, ist sie immer noch zu hoch. Besonders betrifft das den Anteil der Langzeitarbeitslosen.

Die Koalition wird Langzeitarbeitslosigkeit durch Integration in langfristige öffentliche Be- schäftigung bekämpfen. Dazu werden EU-, Bundes-, Landes- und kommunale Mittel zu- sammengeführt.

Die wirtschaftliche Situation Brandenburgs ermöglicht aber auch die nachhaltige Eingliede- rung von Langzeitarbeitslosen in reguläre Beschäftigung. Dazu werden Integrationsbegleite- rinnen und -begleiter eingesetzt, die Arbeitslosen individuell bei der Arbeitssuche und in der Probezeit helfen. Dafür stehen 22 Millionen Euro zur Verfügung.

Die Koalition wird ergänzend zu den Förderungen der ARGen und der Jobcenter unter Nut- zung der bereitstehenden Mittel aus dem Europäischen Sozialfonds weiterhin spezifische Maßnahmen zur Integration von Langzeitarbeitslosen fördern und neue, innovative Ansätze erproben. Wir werden dabei auch Erfahrungen mit Sozialunternehmen in Brandenburg auswerten und auf ihre breitere Anwendbarkeit überprüfen.

Erwerbstätige und Arbeitslosengeldempfänger, die sich selbstständig machen, erhalten einen Gründungszuschuss von monatlich 725 Euro für ein Jahr.

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3.2. Frauen, Familie und Soziales

Familie ist da, wo Kinder sind, wo Menschen ihr Leben teilen und wo Generationen fürein- ander Verantwortung tragen. Familien werden weiter unterstützt und entlastet. Deshalb wird das Familienpolitische Maßnahmenpaket der Landesregierung weiterentwickelt.

Brandenburg soll zum Vorreiter für Familienfreundlichkeit in der Arbeitswelt werden. Schon heute bestehen über 50 „Lokale Bündnisse für Familien“. Sie leisten einen wichtigen Beitrag für mehr Familienfreundlichkeit und werden weiter unterstützt.

Die Familienbildung wird gestärkt.

In allen Regionen Brandenburgs arbeiten die erfolgreichen „Netzwerke Gesunde Kinder“: Kinderärzte, Hebammen, über 1.200 ehrenamtliche Paten, Kitas, Jugend- und Sozialverwal- tungen sorgen gemeinsam für ein „Klima des Hinschauens“.

Unser Ziel lautet deshalb, dass alle Familien überall in unserem Land die Gelegenheit haben sollen, in ein solches Netzwerk aufgenommen zu werden. Die entsprechenden Anreize dazu sollen verstärkt werden. Die Landesmittel für die „Netzwerke Gesunde Kinder“ werden um zwei Millionen Euro erhöht.

Unter dem Motto „Kein Kind zurücklassen – Brandenburg beugt vor“ wollen wir bestehen- de Präventionsketten ausbauen und weitere schaffen. Ziel ist eine bessere Bildungs- und Vorsorgearbeit. Dazu sollen vorhandene Angebote gebündelt und ggf. durch neue ergänzt werden, um Kindern und Familien eine lückenlose Unterstützung von der Geburt bis zum Eintritt ins Berufsleben zu bieten. Die Koalition setzt sich für ein ausfinanziertes Bundesge- setz für Gesundheitsvorsorge und Prävention ein.

Viele Seniorinnen und Senioren in Brandenburg sind aktiv und engagiert. Ihr Wissen und ihre Erfahrungen sind unverzichtbar. Menschen wollen dort leben, alt werden und auch ge- pflegt werden, wo sie sich zu Hause fühlen.

Die Koalition wird gezielte Unterstützungs- und Beratungsangebote schaffen, damit mehr altersgerechter und barrierefreier Wohnraum in Brandenburg entsteht.

Die Koalition will das aktive Altern weiterhin fördern. Im Rahmen der fortzuschreibenden Seniorenpolitischen Leitlinien soll u.a. ein Programm „Sport im Alter“ entwickelt werden. In diesem Zuge wird ebenfalls das Bündnis „Gesund Älter werden in Brandenburg“ verstetigt.

Mehr und mehr Menschen mit gebrochenen Erwerbsbiografien kommen ins Rentenalter. Zeiten langer Arbeitslosigkeit oder auch Unterbeschäftigung wirken sich negativ auf die zu erwartende Rente aus. Die eigene Vorsorge und Betriebsrenten haben – gerade in den neuen Ländern – sinkende Rentenansprüche nicht im gleichen Maße kompensiert.

Nahezu 25 Jahre nach der Einheit ist es den Menschen nicht mehr vermittelbar, dass es wei- terhin zwei Rentenwerte in Deutschland gibt. Die Koalition wird sich deshalb auf Bundes- ebene für eine zügige Rentenangleichung in Ost und West einsetzen. Diese Angleichung ist längst überfällig. Für die gleiche Lebensleistung muss auch die gleiche Rente gezahlt wer- den. Änderungen müssen so angelegt sein, dass sie neue Ungerechtigkeiten vermeiden und eine hohe Akzeptanz in der Bevölkerung finden. Schlechterstellungen gegenüber dem aktu- ellen Stand sind zu vermeiden. Am Ende des Prozesses muss es ein einheitliches Rentenrecht für alle Menschen in Deutschland geben.

Pflege wird für eine deutlich wachsende Gruppe von Menschen in Brandenburg immer wichtiger. Die Sorge, im Alter nicht mehr gut versorgt zu werden, nimmt – auch aufgrund einer sich wandelnden Lebenswirklichkeit – zu. Nach Auffassung der Koalition ist das vor allem auf Bundesebene geregelte Pflegerecht nicht mehr zeitgemäß und muss umfassend reformiert werden. Ein neuer Pflegebedürftigkeitsbegriff ist vonnöten, der auf Selbstbestim- mung und Teilhabe der zu Pflegenden setzt. Dazu sind eine bessere finanzielle Ausstattung der Pflege oder die Anerkennung und zeitliche Bemessung eines Pflegebedarfs nötig.

Mit einer Pflegeoffensive wird die Koalition die Pflegeversorgung sichern und in leistungs- fähige Netzwerke investieren. Vorrang hat weiterhin die ambulante Pflege. Die Pflegestütz- punkte und Anlauf- und Beratungsstellen in den Kommunen werden weiter unterstützt. „Pflege im Quartier“ wird so ermöglicht. Die Koalition setzt sich für ein alternatives System der Pflegeversorgung ein: Mehr, möglichst selbstverwaltete Wohnformen sollen ergänzend zu Pflegeheimen die Versorgung pflegebedürftiger Menschen sichern.

Die Koalition setzt sich für eine bessere Anerkennung der Pflegeberufe ein. Um dem Fach- kräftemangel entgegenzuwirken, wird die Aus- und Weiterbildung im Pflegebereich ausge- baut. Mit den anderen Ländern und dem Bund wird die Zusammenführung der Grundaus- bildungen in der Alten-, Kranken- und Gesundheitspflege umgesetzt.

Zusammen mit den Sozialpartnern werden die Beschäftigungsbedingungen in der Pflege sowie die Vereinbarkeit von Beruf und Pflege verbessert. Bezahlung und Arbeitsbedingun- gen sollen durch attraktive allgemein verbindliche Tarifverträge verbessert werden.

Auf Bundesebene wird sich die Koalition bei der Gestaltung der zweiten Stufe der Pflegere- form für eine Stärkung der ambulanten Pflege einsetzen.

Menschen mit Migrationshintergrund bereichern unsere Gesellschaft. Häufig sind sie gut ausgebildet und in aller Regel bestrebt, ihren Beitrag in Deutschland zu leisten. Ein wichtiger Schritt zur Stärkung der Eigenverantwortung und Selbständigkeit ist die erleichterte Aner- kennung ausländischer Bildungs- und Berufsabschlüsse, die u.a. dazu dient, Menschen mit Migrationshintergrund einen ihrer Ausbildung entsprechenden Zugang zum Arbeitsmarkt zu verschaffen. In diesem Zusammenhang ist auch die frühere Erteilung der Arbeitserlaub- nis erforderlich, schon um den sich abzeichnenden Fachkräftemangel in Deutschland abzu- mildern.

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Die Koalition wird sich weiter dafür einsetzen, das überholte Asylbewerberleistungsgesetz abzuschaffen.

Die Koalition unterstützt die Kommunen auch weiterhin bei der Schaffung zusätzlicher Un- terbringungsmöglichkeiten für Flüchtlinge – wo immer es geht auch in Wohnungen. Zudem übernimmt das Land die Kosten für die medizinische Versorgung von Asylsuchenden. Die psychosoziale Betreuung wollen wir verbessern.

Die Gleichstellung von Frauen und Männern bleibt ein wichtiges Ziel über alle Politikfelder hinweg. Gleicher Lohn für gleiche Arbeit muss unabhängig vom Geschlecht eine Selbstver- ständlichkeit werden. Die Koalition wird entsprechende politische und gesetzliche Initiati- ven ergreifen bzw. unterstützen.

Die Koalition will mehr Frauen in Führungspositionen, in der Verwaltung genauso wie in der Wirtschaft. Mit einer Quote von mindestens 40 Prozent will die Koalition dieses Ziel er- reichen – auch in kommunalen und landeseigenen Unternehmen. Zusammen mit der Wirt- schaft soll eine Kampagne für mehr Frauen in Führungspositionen ins Leben gerufen wer- den. Das Gleichstellungspolitische Maßnahmenpaket wird fortgeschrieben.

Der Schutz von Frauen vor Gewalt ist ein wichtiges Anliegen der Koalition. Das gute Netz an Zufluchts- und Beratungsangeboten für von Gewalt betroffener Frauen (Frauenhäuser, Frauenberatungsstellen, Zufluchtswohnungen) soll erhalten bleiben und weiter entwickelt werden. Dabei soll insbesondere die Kooperation mit der Kinder- und Jugendhilfe gestärkt werden. Das Land Brandenburg wird sich für die Entwicklung bundesweit einheitlicher Standards für die Finanzierung von Frauenhäusern einsetzen.

Die Schwangerschafts- und Schwangerschaftskonfliktberatung wird angemessen unterstützt.

Selbsthilfegruppen und –verbände leisten gesellschaftlich wichtige Arbeit für eine wachsen- de Zahl von Menschen, die ihre persönliche Situation nicht mehr allein bewältigen können. Die Koalition wird die Arbeit der Selbsthilfegruppen und -verbände stärken.

Menschen mit Behinderung gehören in die Mitte der Gesellschaft. Die Koalition wird die Barrierefreiheit weiter verbessern und die bessere Teilhabe von Menschen mit Behinderun- gen ausbauen. Wir wollen weg vom Prinzip der Fürsorge, hin zu gleichberechtigter Beteili- gung. Die Koalition wird alle Anstrengungen unternehmen, die zu einer stärkeren Arbeits- marktöffnung für Menschen mit Behinderungen und zu ihrer besseren Integration führen. Wir streben eine Erhöhung des Landespflegegeldes um 30 Prozent an.

Die Koalition tritt dafür ein, die ehrenamtliche Betreuung zu stärken. Menschen, die unei- gennützig Aufgaben für ihre Betreuten wahrnehmen, werden deshalb unterstützt und ge- fördert. Die Anordnung von rechtlicher Betreuung und die Wahrnehmung durch einen Be- rufsbetreuer muss die Ausnahme werden. Die Koalition wird hierzu ein Gesamtkonzept erarbeiten.

Die Koalition unterstützt auf Bundesebene die Initiative zur Reform der Eingliederungshilfe und Entwicklung eines modernen Teilhaberechts.

Die Koalition unterstützt die Aufklärungsarbeit zur Toleranz und zum Respekt gegenüber sexueller Vielfalt insbesondere in den Bildungseinrichtungen, um damit die Diskriminierung von Lesben, Schwulen, Bi-, Trans- und Intersexuellen abzubauen und ihre Akzeptanz zu stärken.

Eine rechtliche Rehabilitierung der nach dem ehemaligen Paragrafen 175 des Strafgesetzbu- ches Betroffenen streben wir bundespolitisch an.

3.3. Gesundheit

Die Koalition wird auch in Zukunft die Rahmenbedingungen für eine hochwertige gesund- heitliche Versorgung in allen Regionen des Landes sicherstellen. Dazu ist es nötig, bewährte Ansätze fortzusetzen und neue Wege zu gehen.

Die Stärkung der Krankenhäuser als Anker der gesundheitlichen Versorgung im ganzen Land bleibt die Grundlinie unserer Gesundheitspolitik. Alle Krankenhausstandorte im Land sollen erhalten bleiben. Die Koalition wird in den kommenden fünf Jahren mindestens 400 Millionen Euro in die Krankenhäuser investieren. Die Koalition setzt sich im Bund für ein Krankenhausreformgesetz ein, das eine ausreichende Finanzierung gewährleistet.

Die medizinische Versorgung der ländlichen Regionen wird über die Kooperation von me- dizinischen Einrichtungen, Anreizen für die Facharztausbildung und durch weitere Vernet- zung von Angeboten, wie z. B. regionalen Gesundheitskonferenzen, gesichert.

Die stationäre und ambulante Versorgung sollen stärker als bisher ineinander verschränkt werden. Wir wollen, dass für alle Patientinnen und Patienten AGnES II Standard im Land wird.

Wir setzen uns für eine bessere Entlohnung der Gemeindeschwestern ein. Ziel ist es, die Ver- sorgung der Menschen vor allem im ländlichen Raum zu sichern und Ärzte zu entlasten. Die Medizinischen Versorgungszentren werden ausgebaut und die Zugangsbedingungen für Ärzte vereinfacht. Die Koalition unterstützt alle Bemühungen, Medizinische Versorgungs- zentren einzurichten, wo Ärztemangel besteht.

Der Einsatz von Telemedizin soll verstärkt, das Zusammenspiel von Techniken, Patientinnen und Patienten, Ärztinnen und Ärzten verbessert werden.

Die Koalition setzt sich auch auf Bundesebene für eine Sicherung der gesundheitlichen Ver- sorgung in allen Regionen des Landes sowie für die Stärkung von Prävention und Gesund- heitsförderung ein.

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Dem Öffentlichen Gesundheitsdienst kommt dabei als dritter Säule des Gesundheitswesens eine besondere Bedeutung zu.

Die staatliche Ausbildung von Ärztinnen und Ärzten wird auch künftig an den Brandenbur- ger Lehrkrankenhäusern in Kooperation mit der Charité Berlin sowie anderen Universitäten und Hochschulen erfolgen. Mit der privat finanzierten Medizinischen Hochschule Branden- burg verbindet sich die Chance, dass künftig mehr Studierende eine berufliche Tätigkeit in Brandenburg aufnehmen. Mit der Einführung der neuen Studiengänge für Pflege und The- rapiewissenschaften und künftig auch Medizinpädagogik an der BTU in Senftenberg werden die Ausbildungsmöglichkeiten gestärkt.

Nirgendwo in Deutschland betreuen die Ärzte mehr Menschen als in Brandenburg. Das muss sich auch in der Vergütung auswirken. Wir werden uns politisch dafür einsetzen, dass unseren Ärztinnen und Ärzten die notwendigen Mittel der Krankenversicherung zur Verfü- gung gestellt bekommen.

Die Region Berlin-Brandenburg ist ein leistungsstarkes Zentrum der Gesundheitswirtschaft in Deutschland. Der Masterplan Gesundheitswirtschaft bietet gute Ansätze zur Weiterent- wicklung. Die Potentiale der Gesundheitswirtschaft sollen auch für die Versorgung der Be- völkerung nutzbar gemacht werden.

4. Wissenschaft, Forschung und Kultur

4.1. Wissenschaft und Forschung

Brandenburg ist ein Wissenschaftsland. Mit drei Universitäten, einer Film-Universität, vier Fachhochschulen und über 30 Forschungseinrichtungen aller großen deutschen Forschungs- verbände hat sich eine beachtliche Dichte von Forschung und Lehre entwickelt. Dies gilt es, in den kommenden Jahren weiter zu pflegen und auszubauen.

Investitionen in Wissenschaft, Forschung und Innovation sind Investitionen in die Zukunft und bleiben zentrale Bausteine für die Entwicklung des Landes. Die Nähe zu Hochschulen und Forschungseinrichtungen ist zudem eine wichtige Grundlage für Investitionsentschei- dungen von Unternehmen. Deshalb wird die Koalition Hochschulen und Forschungseinrich- tungen, sowie den Wissens- und Technologietransfer weiter stärken.

Universitäten, Hochschulen und Forschungseinrichtungen sollen verstärkt untereinander kooperieren, um Forschung und Lehre weiter zu qualifizieren. Darüber hinaus sollen sie mit Unternehmen enger zusammenarbeiten, um Wettbewerbsvorteile und Arbeitsplätze zu si- chern. Die Koalition steht für eine integrierte Wissenschafts-, Innovations- und Wirtschafts- politik.

Die Koalition sieht die Ausgaben für Hochschulen und Forschungseinrichtungen als Beitrag zur Ausbildung junger Menschen, für die Fachkräftesicherung, für Wissenstransfer und für gesellschaftliche Entwicklungen. Brandenburg besitzt mit seinen Hochschulen eine exzellen- te Basis für Lehre und Forschung. Um diese Basis weiter auszubauen, wird der Etat in dieser Wahlperiode jährlich um fünf Millionen Euro erhöht. Somit investieren wir in die Hoch- schullandschaft in der gesamten Wahlperiode 75 Millionen Euro zusätzlich zur Verbesse- rung von Studium und Lehre sowie der Studienbedingungen. Diese Mittel sollen dazu die- nen, die Zusammenarbeit von Unternehmen und Hochschulen zu verbessern, duale Studi- engänge aufzubauen, die Zahl der Studienabbrecher zu senken sowie berufs- und familien- begleitendes Studieren zu vereinfachen. Duale Studiengänge sind eine Möglichkeit, gut aus- gebildete Fachkräfte zu bilden und im Land zu halten. Aufgrund der kleinteiligen Wirt- schaftsstruktur in Brandenburg kann der Ausbau der dualen Studiengänge aber nur als ge- meinsame Anstrengung von Hochschulen und Unternehmen gelingen. Hierzu wird die Koa- lition die bereits begonnenen Gespräche fortführen und rasch zu einem Ergebnis führen. Ziel ist es, zusätzliche Studiengänge vor allem in generalisierenden Fachrichtungen wie bei- spielsweise Ingenieurwesen, Maschinenbau oder Elektrotechnik zu etablieren.

Darüber hinaus erhalten die Hochschulen in der Legislaturperiode insgesamt 25 Millionen Euro zusätzlich für die Grundfinanzierung.

Die Hochschulverträge sind eine Grundlage dafür, dass das Prinzip „Gute Arbeit“ auch in der Wissenschaft gilt. Dieser Grundsatz muss auch für studentische Hilfskräfte gelten. Um

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der zunehmenden Flexibilisierung im Hochschulhaushalt Rechnung zu tragen, wird im Rahmen der Fortschreibung der Personalbedarfsplanung ab 2018 der Stellenplan der Hoch- schulen heraus genommen. Das zuständige Ministerium begleitet die Stellenplan- Flexibilisierung durch ein Controlling.

Die Koalition wird die Entwicklung der Brandenburgischen Technischen Universität Cott- bus-Senftenberg (BTUCS) begleiten und ihren Ausbau zu einem national und international anerkannten Hochschulstandort unterstützen.

In den Hochschulverträgen wurde festgelegt, dass ab 2014 Verhandlungen zur Überarbei- tung des Mittelverteilungsmodells aufgenommen werden, um die Grundaufgaben der Hochschulen in Forschung und Lehre besser abzubilden. Die bislang angewandten Indikato- ren werden auf Anreizwirkungen überprüft und die Output-Orientierung des Modells ge- stärkt.

Die Erhöhung des Frauenanteils bei den Professorinnen und Professoren sowie in den Füh- rungsgremien der Hochschulen wird angestrebt. Die Hochschulen sollen noch familien- freundlicher werden.

Brandenburg steht im Wettbewerb um die Studierenden der nächsten Jahre.

Um eine hohe Zahl von Studierenden in Brandenburg zu haben, müssen das Studium attrak- tiv und die Studierneigung hoch sein. Dazu gehört, dass auch in Zukunft keine Studienge- bühren für das Erststudium bis zum Master-Abschluss erhoben werden, um soziale Benach- teiligung zu verhindern. Alle Studierenden mit einem Bachelor-Abschluss müssen die Chan- ce haben, einen Masterstudiengang zu belegen.

Die weitere Erhebung der Rückmeldegebühren wird vom Ausgang noch ausstehender Ent- scheidungen des Bundesverfassungsgerichts abhängig gemacht.

Bei Masterabschlüssen wird die Koalition es den Hochschulen ermöglichen, ihren Absolven- tinnen und Absolventen der entsprechenden Fächer zusätzlich auch den Titel „Diplom- Ingenieur“ zu verleihen.

Um die Studienbedingungen weiter zu verbessern, wird die Koalition mit einem Programm die Möglichkeit schaffen, dass Studentenwerke zusätzliche Studentenwohnheimplätze zur Verfügung stellen und Gebäude energetisch sanieren können.

Die Zahl der Studienabbrecher soll durch transparente Studienstrukturen und eine bessere Betreuung der Studierenden gesenkt werden. Tutorien- und Mentoring-Programme müssen verstetigt werden. Colleges wie an der BTUCS werden erprobt und – wenn bewährt – auf alle Hochschulen ausgedehnt.

Die Technologieentwicklung über die anwendungsorientierte Forschung an unseren Hoch- schulen ist wesentlicher Teil der Innovationsfähigkeit und Wirtschaftskraft der Regionen

Brandenburgs. Die Fachhochschulen als Motoren dieser Entwicklung sollen ihre fachliche Ausrichtung auch an der Gemeinsamen Innovationsstrategie Berlin-Brandenburg und den regionalen Wachstumskernen orientieren. Gründungen, Ausgründungen und den Wissens- und Technologietransfer wollen wir weiter fördern.

Stärker als bisher sollen Universitäten und Fachhochschulen berufsbegleitende Qualifizie- rungsmaßnahmen anbieten.

Der Forschungslandschaft in Brandenburg kommt mit ihren zahlreichen universitären und außeruniversitären Instituten eine besondere Bedeutung zu. Die zielgerichtete Weiterent- wicklung der Forschungsstrukturen ist ein Baustein für die Zukunft des Landes. Daher un- terstützt die Koalition die universitäre und außeruniversitäre Spitzenforschung. Die Kofi- nanzierung außeruniversitärer Forschungseinrichtungen wird auch in Zukunft sichergestellt. Gleichzeitig unterstützen wir weiterhin gemeinsame Berufungen zwischen Hochschulen und Forschungseinrichtungen. Um unsere erfolgreichen Fachhochschulen zu fördern, werden wir in einem Modellprojekt das Promotionsrecht an ausgewählte forschungsstarke Fachbe- reiche der Fachhochschulen vergeben.

Die Koalition wird Rahmenbedingungen schaffen, um den Spitzenplatz Brandenburgs in der Klima- und Energieforschung weiter auszubauen. Energieeffizienz, Speichertechnologien und Energiemanagement sollen Forschungsschwerpunkte an den Brandenburger Hochschu- len werden, die BTUCS wird dabei besonders unterstützt und in ihrer Profilierung zur „Energieuniversität“ gefördert.

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Mit dem Pakt für Forschung und Innovation verfolgen Bund und Länder sowie die Wissen- schaftsorganisationen das Ziel, die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Forschung durch eine bessere Ausschöpfung der vorhandenen Potentiale zu steigern. Eine Verlängerung des Paktes ist im Koalitionsvertrag auf Bundesebene bis 2017 festgeschrieben. Die Koalition wird sich auch für die Zeit danach für eine stabile und dauerhafte Forschungsfinanzierung einset- zen.

Die hohe Dichte an Hochschulen und Forschungseinrichtungen ist ein wichtiger Standort- faktor der Hauptstadtregion. Die Koalition setzt sich für eine weiterhin enge Vernetzung und Kooperationen zwischen den Hochschulen und Forschungseinrichtungen in Berlin und Brandenburg ein.

4.2. Kultur

Brandenburg kann auf eine lange kulturelle Tradition verweisen und verfügt über eine rei- che und weit gefächerte Kulturlandschaft. Der kulturelle Reichtum gehört zur Lebensquali- tät in Brandenburg und prägt die regionalen Identitäten im Land.

Dazu gehören Literatur- und Musikangebote, eine vielseitige Museums- und Theaterland- schaft, eine lebendige Gedenkstättenkultur, die sorbische (wendische) Kultur und Sprache, die bildende Kunst, Kunstgeschichte und Architektur.

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Kulturpolitik ist für uns eine Querschnittsaufgabe.

Ein Großteil der kulturellen Infrastruktur ist in den vergangenen Jahren erneuert oder mo- dernisiert worden. Wir wollen dem kulturellen Leben neue Entwicklungsräume und weit reichende Perspektiven öffnen.

Die Koalition wird auch in Zukunft Kinder- und Jugendkunstschulen, Musikschulen, Biblio- theken, Museen und Gedenkstätten unterstützen. Dazu werden ab 2015 die Zuschüsse für die Jugendkunstschulen auf 400.000 Euro pro Jahr erhöht und ab 2017 vorbehaltlich der fi- nanziellen Situation des Landes zusätzlich 2,1 Millionen Euro für die Musik- und Kunstschu- len bereitgestellt. Kultur- und Bildungsangebote sollen auch in dünn besiedelten Regionen unter Berücksichtigung des demografischen Wandels möglichst erhalten werden. Kulturelle Bildung für alle wird durch ein enges Netz von Künstlern und Kultureinrichtungen sowie Schulen verwirklicht. Die Angebote und Kooperationen mit Schulen und Kindergärten wer- den ausgeweitet und weiterentwickelt. Das Programm „Musische Bildung für alle“ wird fortgeführt.

Ergänzend werden gemeinsam mit dem Bildungsministerium auch in der nächsten EU- Förderperiode ESF-Mittel für Projekte Kultureller Bildung im Rahmen von „INISEK“ an Förderschulen, Oberschulen und Gesamtschulen eingesetzt.

Die Koalition wird das Sonderinvestitionsprogramm für die Preußischen Schlösser und Gär- ten fortsetzen.

Die vielfältige Theater- und Orchesterlandschaft in Brandenburg wird strukturell und orga- nisatorisch besser abgesichert.

Die Finanzierung der kommunalen Theater- und Orchester soll innerhalb des Finanzaus- gleichsgesetzes auf eine breitere Basis gestellt werden, auch um notwendige Tarifsteigerun- gen umsetzen zu können.

Die zahlreichen kommunalen Spielstätten ohne eigenes Ensemble leisten einen wichtigen Beitrag zum Erhalt hochwertiger kultureller Angebote im ländlichen Raum. Die Koalition prüft eine mögliche Erhöhung der jährlichen Förderung der Freien Theater und bei ganzjäh- rig arbeitenden Theatern eine überjährige Ausreichung der Mittel.

Der Stellenwert der Erinnerungskultur ist in Brandenburg mit seinen zahlreichen Gedenk- stätten schon jetzt herausragend. Die Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten wird weiter gefördert und 2015 bei der Ausrichtung des 70. Jahrestages der Befreiung der Konzentrati- onslager zusätzlich mit 300.000 Euro unterstützt. Neben den schon geförderten großen Ge- denkstätten Sachsenhausen und Ravensbrück soll nun auch das ehemalige Direktorenhaus der Justiz- und Vollzugsanstalt Brandenburg in eine Bildungs- und Gedenkstätte umgewan- delt werden und eine neue Dauerausstellung aufgebaut werden. Die Stiftung Brandenburgi- sche Gedenkstätten wird künftig mit 80.000 Euro pro Jahr zusätzlich unterstützt.

Die Koalition setzt sich gegenüber dem Bund dafür ein, dass die Gedenkstätte Menschen- rechtszentrum Cottbus mit jährlich 100.000 Euro aus Bundesmitteln gefördert wird. In glei- cher Höhe wird das Land seine Förderung fortsetzen.

In den Jahren 2017 und 2019 liegen zwei für die Geschichte Brandenburgs herausragende Jubiläen, denen auch nationale und internationale Bedeutung zukommt: der 500. Jahrestag der Reformation und der 200. Geburtstag Theodor Fontanes. Brandenburg wird sich gemein- sam mit Berlin und dem Bund und den beteiligten Ländern für diese herausragenden Ereig- nisse engagieren.

Die Koalition wird auf der Basis der Staatskirchenverträge weiterhin für eine partnerschaftli- che Zusammenarbeit mit den Kirchen eintreten. Sie wird sich aktiv an dem in der Region stattfindenden Kirchentag beteiligen.

Die Entwicklung jüdischen Lebens im Land Brandenburg wird weiter gefördert. Die Koaliti- on hält an dem Vorhaben fest, in Potsdam den Bau einer Synagoge zu ermöglichen.

Anerkannte Weltanschauungsgemeinschaften erfahren Unterstützung.

Die sorbisch/wendische Minderheit in Brandenburg wird auch weiterhin geschützt und gefördert. Die Förderung der Stiftung für das sorbische Volk wird zusammen mit dem Bund und dem Freistaat Sachsen fortgesetzt.

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5. Kommunales, Sicherheit und Justiz 5.1. Kommunales und Sicherheit

Starke Kommunen sind die Basis unseres Zusammenlebens. Die Identifikation der Branden- burgerinnen und Brandenburger mit ihrer Heimat ist stark an das Dorf, die Stadt, den Kreis und die Region gebunden, in denen die Menschen jeweils verankert sind. Als Zentren des sozialen Lebens vor Ort stiften Kommunen Identität und Zusammengehörigkeitsgefühl.

Die Koalition bekennt sich zu einer umfassenden Daseinsvorsorge durch die öffentliche Hand. Die wirtschaftliche Betätigung der Kommunen ist dafür eine notwendige Vorausset- zung. Die wichtigen Dienstleistungen der Kommunen sollen für alle Bürgerinnen und Bür- ger bezahlbar und dauerhaft zugänglich bleiben. Eine wachsende Bedeutung kommt dabei der elektronischen Zugänglichkeit der Verwaltungsdienstleistungen zu. Die Serviceleistun- gen sollen unabhängig von Zeit und Ort zur Verfügung stehen, um so Abläufe zu vereinfa- chen und die Kosten für alle Beteiligten zu senken. Land und Kommunen werden deshalb enger als bisher bei der Einführung und Nutzung von Instrumenten des E-Government zu- sammenarbeiten.

Die interkommunale Zusammenarbeit soll weiter ausgebaut und steuerrechtlich nicht be- hindert werden. Wir lehnen daher eine umsatzsteuerliche Belastung kommunaler Beistands- leistungen ab und werden uns auf Bundesebene und – soweit erforderlich – EU-rechtlich für eine umfassende Freistellung solcher Leistungen von der Umsatzsteuer einsetzen.

Eine umfassende Verwaltungsstrukturreform ist nötig, um eine leistungsfähige Selbstver- waltung auch in Orten mit Bevölkerungsrückgang aufrechtzuerhalten. Leistungen der Ver- waltungen sollen deshalb nicht nur am Behördensitz, sondern auch in Servicestellen, über mobile Angebote und verstärkt über elektronische Dienste angeboten werden.

Die Empfehlungen der Enquete-Kommission 5/2 „Kommunal- und Landesverwaltung – bürgernah, effektiv und zukunftsfest – Brandenburg 2020“ bilden eine gute Grundlage für eine Verwaltungs- und Funktionalreform.

Die Kreisebene wollen wir durch eine Kreisgebietsreform und die Einkreisung von kreis- freien Städten stärken.

Wir halten grundsätzlich maximal zehn Kreisverwaltungen für ausreichend, auf die derzeit vom Land wahrgenommene Aufgaben übertragen werden. Wir werden dabei einen vollen finanziellen Ausgleich vornehmen und gemeinsam mit den kommunalen Spitzenverbänden prüfen, ob es zur dauerhaften Gewährleistung des Kostenausgleichsprinzips (Art. 97 Abs. 3) eines gesonderten „Konnexitätsgesetzes“ bedarf.

Vor den zu treffenden Entscheidungen werden wir ein Leitbild entwickeln, das neben den regionalen Besonderheiten in unserem Land die Beachtung der Wahrung und Stärkung der Kommunalen Selbstverwaltung und die demokratische Teilhabe einbezieht.

Die zukünftigen kreisangehörigen Städte sollen als Oberzentren gestärkt werden. Dies ge- schieht ggf. durch eine Teilentschuldung, durch die Entlastung von bestimmten Aufgaben und durch eine stärkere finanzielle Unterstützung ihrer Aufgaben aus Landes- und Finanz- ausgleichsmitteln. Sie sollen die Möglichkeit erhalten, auch künftig diejenigen kreislichen Verwaltungsaufgaben in eigener Zuständigkeit wahrzunehmen, die bürgernah erbracht werden sollen und prägend für das urbane Leben sind.

Die kommunalaufsichtliche Anbindung der zukünftigen kreisangehörigen Städte wird ge- prüft.

Aus den Landesbehörden werden weitere Aufgaben auf die Kommunen übertragen, um sie bürgernäher und wirtschaftlicher erfüllen zu können. Der Aufgabenkatalog der Enquete- Kommission bildet dafür die Grundlage.

Es wird keine erneute landesweite Gemeindegebietsreform geben. Ziel ist aber die Schaffung einer starken kommunalen Verwaltung für in der Regel 10.000 Einwohnerinnen und Ein- wohner. Die Koalition wird deshalb freiwillige Zusammenschlüsse von Gemeinden und Äm- tern fördern und hierfür die rechtlichen Rahmenbedingungen verbessern. In diesem Zu- sammenhang wird die Koalition das Modell des zur Amtsgemeinde weiterentwickelten Am- tes in die Kommunalverfassung aufnehmen. Sie wird zudem die rechtlichen Rahmenbedin- gungen dafür schaffen, dass sich Gemeinden und Ämter für ihre Verwaltungsaufgaben eines leistungsfähigeren Amtes bedienen oder sie von einer anderen Gemeindeverwaltung dauer- haft erfüllen lassen können. Die Koalition setzt auf einen breiten Dialog zur Bewältigung der Herausforderungen durch eine Weiterentwicklung kommunaler Strukturen.

Durch eine Fortentwicklung der Kommunalverfassung wird die Koalition sicherstellen, dass in den Gemeinden die bürgerschaftliche Mitwirkung gestärkt und die Identität der gewach- senen Gemeindeteile erhalten bleibt. Ortsteile sollen deshalb künftig mehr Freiräume bei der eigenverantwortlichen Entscheidung über ihre Angelegenheiten erhalten können. In Ortstei- len mit mehr als 3.000 Einwohnerinnen und Einwohnern sollen künftig auch hauptamtliche Ortsvorsteher („Ortsbürgermeister“) wirken können.

Die Kommunalverfassung wird evaluiert. Wir wollen die bürgerschaftliche Beteiligung ver- bessern.

Die Altersgrenze für die Wählbarkeit von hauptamtlichen Bürgermeistern und Landräten wird angehoben.

Die Bekämpfung der Kriminalität muss bei ihren Ursachen beginnen. Prävention ist die beste Sicherheitsvorsorge. Zu einer freiheitlichen Gesellschaft gehört es, dass Menschen gegensei- tig Rücksicht nehmen und bereit sind, Verantwortung für das Gemeinwesen zu überneh-

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men. Eine Kultur des Hinschauens und der guten Nachbarschaft stärkt die Gemeinschaft und macht unser Land lebenswerter. Strafrechtliche Sanktionen allein sind nicht geeignet, gesellschaftlichen Fehlentwicklungen entgegenzuwirken.

Die Landesregierung wird ihre Anstrengungen zur Verbrechensverhütung und Kriminali- tätsbekämpfung verstärken. Die Zahl der Polizistinnen und Polizisten soll am Ende des Jahr- zehnts mindestens 7.800 betragen. Wir werden dafür sorgen, dass dann im Wach- und Wechseldienst dauerhaft mindestens 2.200 Polizisten tätig sind. Polizeivollzugsbeamtinnen und -beamten wird künftig ermöglicht, über die für sie geltende besondere Altersgrenze hinaus Dienst zu tun, wenn dafür ein dienstlicher Bedarf besteht und der gesundheitliche Zustand das erlaubt.

An der Fachhochschule der Polizei werden jährlich 275 Polizeianwärterinnen und -anwärter neu ausgebildet und bei gutem Erfolg in den Landesdienst übernommen. Damit und durch eine Fortführung der Aufstiegsprogramme werden wir den Anteil der Stellen des gehobenen Dienstes weiterhin stetig erhöhen. Wir wollen die kriminalistische Ausbildung stärken.

Die Koalition lehnt eine weitere Polizeistrukturreform ab. Die Zahl der Polizeireviere bleibt erhalten. Die bereits begonnene Evaluation wird insbesondere auf die Ziele der Stärkung der Streifenkräfte in der Fläche, den Erhalt der Hundertschaften der Bereitschaftspolizei, der weiteren Verkürzung der Interventionszeiten und eine Stärkung des Kriminaldauerdienstes fokussiert. Die bauliche und technische Ertüchtigung der Polizeidienststellen wird beschleu- nigt.

Für Mieter, Haus- und Wohnungseigentümer müssen Bundesprogramme zur finanziellen Förderung von Einbruchschutz- und Sicherheitsmaßnahmen geschaffen werden. Sollte der Bund nicht handeln, wird eine „Brandenburger Präventionsprämie“ für vorsorgende Maß- nahmen für mehr Sicherheit in Wohnungen geprüft.

Die Präventionsarbeit der Polizei wird von derzeit 50 geplanten Stellen auf 120 aufgestockt. Die Zusammenarbeit mit den Kommunen mit dem Ziel des Ausbaus der kommunalen Kri- minalitätsverhütung wird verstärkt.

Die Koalition legt besonderes Augenmerk auf die Kriminalitätsbekämpfung im Berliner Um- land und im Grenzgebiet zu Polen. Die Zusammenarbeit mit Berliner und polnischen Ein- satz- und Ermittlungskräften sowie mit der Bundespolizei und benachbarten Bundesländern wird verstärkt. Grenzüberschreitende Präventiv- und gemeinsame Ermittlungsteams werden ausgebaut.

Wir setzen uns gegenüber dem Bund dafür ein, die Zahl der Bundespolizisten an der Grenze wieder aufzustocken.

Der Landespolizei wird die für den Kampf gegen die organisierte Kriminalität notwendige technische Ausstattung zur Verfügung gestellt. Die Koalition wird das Polizeigesetz für eine noch wirksamere Bekämpfung von Straftaten fortentwickeln. Wenn die Evaluierung des

präventiven Einsatzes der automatischen Kennzeichenfahndung und der Videoüberwa- chung die Wirksamkeit dieser Maßnahmen bestätigt, wird der Einsatz dieser Instrumente verstetigt.

Die Freiwilligen Feuerwehren im Land Brandenburg sind das Rückgrat des flächendecken- den Brand- und Katastrophenschutzes und verdienen große Anerkennung für ihren Einsatz. Sie dienen dem Schutz der Bürgerinnen und Bürger und stellen eine wichtige soziale Struk- tur in den Kommunen dar.

Aufgrund der demografischen Entwicklung und der Bundeswehrstrukturreform 2011 zeich- nen sich nachteilige Auswirkungen auf die Rahmenbedingungen im Brand- und Katastro- phenschutz ab. Die Koalition wird deshalb gemeinsam mit den Feuerwehr- und weiteren Experten Vorschläge zur Weiterentwicklung der Organisationsformen, Einsatzfähigkeit und Nachwuchs- und Personalgewinnung in Zeiten des demografischen Wandels erarbeiten.

Die Modernisierung der Feuerwehren wird fortgesetzt. Erfolgreiche Strukturen wie die Stützpunktfeuerwehren und die Landesschule und Technische Einrichtung für Brand- und Katastrophenschutz (LSTE) werden ungekürzt erhalten und weiterentwickelt. Für eine zu- kunftsfeste Ausstattung der Stützpunktfeuerwehren über das Jahr 2014 hinaus werden die Aufgabenträger durch die Weiterentwicklung des entsprechenden Konzepts und der Förder- richtlinie unterstützt.

Die Aufgaben des Landes im Brand- und Katastrophenschutz sowie im Rettungswesen wer- den organisatorisch und inhaltlich zusammengefasst.

Die Träger des Brandschutzes werden in den kommenden fünf Jahren mit 25 Millionen Euro bei der Beschaffung von Fahrzeugen und Ausrüstung sowie bei der Ertüchtigung von Standorten unterstützt. Notleidende Kommunen werden bei Investitionen für ihre Feuer- wehren weiter aus dem Finanzausgleichsgesetz (FAG) unterstützt.

Die Bekämpfung des Rechtsextremismus bleibt dauerhaft eine Aufgabe von herausragender Bedeutung für das ganze Land. Fremdenfeindlichkeit und Rassismus sind mit einer offenen demokratischen Gesellschaft unvereinbar.

Wir werden daher auch künftig unter Einsatz aller dem Staat zur Verfügung stehenden Mit- tel hart gegen den Rechtsextremismus sowie gegen Verbindungen von organisierter Krimi- nalität und rechten Kräften vorgehen. Dazu gehört auch das Verbot verfassungsfeindlicher Organisationen. Die Bestrebungen für ein Verbot der NPD unterstützen wir.

Letztlich entscheidend ist aber, wie sich die Gesellschaft selbst gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus immunisiert. Dabei hat Brandenburg in den letz- ten Jahren beachtliche Fortschritte gemacht. Diesen Weg wollen wir engagiert weiter be- schreiten.

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Zivilgesellschaftliche Initiativen richten sich gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit – wir werden sie ermutigen und unterstützen. Zivilcourage und eine Kultur des Hinschauens und der guten Nachbarschaft werden gefördert.

Das Handlungskonzept „Tolerantes Brandenburg“ hat sich bewährt – wir werden es fortfüh- ren. Die mobilen Beratungsteams, das landesweite Aktionsbündnis, die regionalen Arbeits- stellen und Vereine im Bereich des Opferschutzes werden weiter gefördert. Die enge Vernet- zung aller Akteurinnen und Akteure ist unverzichtbar; Aktivitäten müssen koordiniert und abgestimmt werden.

Die Verankerung der Antirassismusklausel in der Landesverfassung sichert und erweitert die Basis für Engagement gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemi- tismus. Hierbei sind Zivilgesellschaft, Eltern, Lehrer, Polizei, Justiz und freie Träger ebenso gefragt wie die Politik.

Auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des brandenburgischen Verfassungsschutzes leisten dazu einen wichtigen Beitrag. Der Verfassungsschutz ist seit Bestehen unseres Landes stärker als anderswo in die demokratischen Strukturen integriert; sein Auftrag richtete sich von Anfang an vor allem auf die Bekämpfung des Rechtsextremismus.

Aufgaben, Ressourcen und Befugnisse müssen den bestehenden aktuellen Anforderungen gerecht werden. Sollten sich in Auswertung der Arbeit der parlamentarischen Untersu- chungsausschüsse zum NSU-Skandal und des NSU-Prozesses in München Erkenntnisse er- geben, die Konsequenzen für die künftige Arbeit des Bundesamtes für Verfassungsschutz und der Landesämter für Verfassungsschutz sowie die Zusammenarbeit der Strafverfol- gungsbehörden haben, wird die Koalition dies berücksichtigen.

Angesichts der aktuellen Entwicklungen in vielen Teilen der Welt müssen wir davon ausge- hen, dass immer mehr Menschen bei uns Zuflucht suchen werden. Deshalb sind die auf den Weg gebrachten Maßnahmen zur Verbesserung der Unterbringungs- und Betreuungssituati- on in der Erstaufnahmeeinrichtung in Eisenhüttenstadt zügig umzusetzen. Die Koalition wird deshalb ein Konzept für Asylbewerber und Flüchtlinge erarbeiten sowie das Landesin- tegrationskonzept weiterentwickeln.

Solange die Zahl der Flüchtlinge, Asylbewerberinnen und Asylbewerber auf dem aktuell hohen Niveau bleibt und diese über längere Zeit in der Erstaufnahme verweilen, wird die Koalition vorübergehend Unterbringungsmöglichkeiten auch an anderen Orten schaffen.

Die Kommunen sind aufgefordert, noch zeitnäher ihren Verpflichtungen bei der angemesse- nen Unterbringung von Flüchtlingen, Asylbewerberinnen und Asylbewerbern nachzukom- men. Die Koalition wird sie dabei mit einem gemeinsam durch Land und Kommunen finan- zierten Sonderprogramm unterstützen und die Regelungen zum Kostenersatz für Investitio- nen und laufende Unterbringung überarbeiten. Hierbei soll auch der Bund in die Pflicht ge- nommen werden.

Die Koalition wird sich wie bisher darum bemühen, Abschiebungshaft zu vermeiden. In be- stimmten Fällen ist die Abschiebungshaft ein notwendiges Instrument, um als letztes Mittel die Ausreisepflicht nicht schutzberechtigter Personen durchsetzen zu können. Die Koalition wird länderübergreifende Kooperationen mit anderen Bundesländern eingehen. Dabei wird die psychosoziale Betreuung weiter fortentwickelt, um die besonderen Belastungen für alle Betroffenen auf ein Mindestmaß zu senken.

Das Land wird weiterhin bereit sein, seine humanitären Verpflichtungen im Rahmen geson- derter Bund-Länder-Absprachen zur Aufnahme von Hilfebedürftigen insbesondere aus Kriegsgebieten zu erfüllen.

Deshalb wird das Land die Aufgabe der medizinischen Erstuntersuchung von Asylbewerbe- rinnen und -bewerbern übernehmen, um die Landkreise und kreisfreien Städte zu entlasten.

Die Koalition setzt sich auf Bundesebene für eine Abschaffung der Residenzpflicht ein. Ebenso strebt die Koalition ein humanitäres alters- und stichtagsunabhängiges Bleiberecht für langjährig Geduldete an.

Die Koalition wird sich weiter für die Abschaffung des Flughafenasyls einsetzen.

Das Lobbyregister hat sich in der bisherigen Form bewährt und wird weitergeführt.

Das Standarderprobungsgesetz wird verlängert, um Kommunen auch weiterhin die Mög- lichkeit zu geben, zur Bewältigung des demografischen Wandels neue und regional ange- passte Lösungen zu entwickeln und zu erproben.

Die Koalition betont im Hinblick auf die Regulierung des Glücksspiels die besondere Bedeu- tung des gemeinwohlorientierten Staatsvertragsmodells für effektiven Spielerschutz und Suchtprävention sowie für die nachhaltige Förderung des Breiten- und Amateursports, der sozialen und karitativen Organisationen, des Denkmalschutzes sowie weiterer Verbände und Vereine aus dem gemeinnützigen Bereich. Eine Kommerzialisierung des Glücksspiels lehnt die Koalition ab.

Die Koalition setzt sich weiter für eine Reform des Rüstungsaltlastenfinanzierungsgesetzes des Bundes ein. Ziel ist die Beteiligung des Bundes an den Kosten der Beseitigung alliierter militärischer Altlasten.

5.2. Justiz

Ein funktionierender Rechtsstaat braucht eine gut ausgestattete und starke Justiz. Für einen effektiven und zeitnahen Rechtsschutz müssen den Gerichten die erforderlichen personellen und sachlichen Ressourcen zur Verfügung stehen.

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Die Koalition steht für eine soziale Rechtspolitik, die den Menschen in Brandenburg dient und ihre Bürgerrechte schützt. Wir halten an einer bürgerfreundlichen Justiz mit einem wohnortnahen Zugang der Bürgerinnen und Bürger zu den Gerichten fest.

Die Verfahrenslaufzeiten an den Gerichten – insbesondere in der Sozial- und Verwaltungs- gerichtsbarkeit – sollen weiter verkürzt werden. Um dies sicherzustellen und um auf die künftigen demografischen Veränderungen im Personalkörper reagieren zu können, werden Einstellungskorridore eingerichtet.

Dem Schutz potentieller und tatsächlicher Opfer von Straftaten messen wir eine besondere Bedeutung bei. Wir prüfen die stärkere finanzielle Ausstattung von Programmen, Organisa- tionen und Vereinen, die sich dem Schutz und der Unterstützung von Kriminalitätsopfern widmen und ihre Rechte sichern. Dazu wird die Koalition die Einrichtung eines zentralen Fonds prüfen, der vorrangig aus Geldstrafen und Geldbußen gespeist wird. Die Koalition unterstützt dabei den Ausbau von bestehenden Strukturen und Netzwerken. Wir setzen uns weiter für eine schnellere und unbürokratische therapeutische Hilfe bei schweren Gewalt- und Sexualdelikten und für die Erweiterung des Opferentschädigungsgesetzes auf weitere Straftatbestände ein. Die Verbesserung der psychosozialen Prozessbegleitung von Opfern solcher Straftaten wird angestrebt.

Die Koalition wird die bestehende Zusammenarbeit mit den Nachbarländern auf dem Gebiet des Strafvollzuges vertiefen. Die Verwaltungsstrukturen und -standorte der Justizvollzugs- anstalten werden bedarfsgerecht angepasst. Die Konzentration von zentralen Dienstleis- tungsaufgaben im Strafvollzug wird geprüft.

Strafvollzug soll Bürgerinnen und Bürger schützen und deswegen Resozialisierung fördern. Eine erfolgreiche und dauerhafte Wiedereingliederung von Straftätern in die Gesellschaft ist der beste Schutz vor erneuten Straftaten. Daher setzt die Koalition weiterhin auf eine Straf- philosophie, die in der Verfassung des Landes Brandenburg verankert und auf nachhaltige Resozialisierung ausgerichtet ist. Um die neuen Vollzugsgesetze mit Leben zu erfüllen, wird eine angemessene Personalausstattung in den Sozialen Diensten der Justiz und im Justizvoll- zug des Landes Brandenburg benötigt.

Die therapeutische Behandlung und Versorgung sowie die soziale Betreuung sollen weiter verstärkt werden. Dazu gehört auch der Ausbau der Forensischen Ambulanzen in Branden- burg.

Wir unterstützen Projekte zur Haftvermeidung durch frühzeitige ambulante pädagogische Maßnahmen und Konfliktlösungen außerhalb der Gerichte, wie den Täter-Opfer-Ausgleich.

Die Koalition wird sich für den uneingeschränkten Erhalt der Prozesskosten- und Bera- tungshilfe einsetzen und tritt dafür ein, dass es bei der bundeseinheitlichen Regelung bleibt. Der Zugang zur Justiz darf nicht vom Einkommen abhängen.

Die Koalition strebt einen weiteren Ausbau und eine Vertiefung der deutsch-polnischen Ko- operation der Staatsanwaltschaften zur effektiveren Aufklärung und Strafverfolgung sowie eine verstärkte Kriminalprävention an.

Wir wollen die Arbeitsfähigkeit des Landesverfassungsgerichts stärken und weiter verbes- sern.

Um den Anstieg der gesetzlichen Betreuung entgegenzusteuern, wird sich die Koalition für eine bessere Zusammenarbeit von Justiz und Sozialbehörden einsetzen.

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6. Infrastruktur, Raumordnung, Stadtentwicklung, Wohnen, starke ländliche Räume und Umwelt

6.1. Infrastruktur, Raumordnung, Stadtentwicklung und Wohnen

Urbane und ländliche Räume haben unterschiedliche Herausforderungen und erfüllen un- terschiedliche Funktionen für die Menschen im Land. Einheitsrezepte für eine gute Entwick- lung der verschiedenen Regionen gibt es deshalb nicht. Regional differenzierte Lösungen sind gefragt. Dabei haben sowohl Stadt als auch Land Grund, selbstbewusst zu sein: Beide leisten auf unterschiedliche Weise viel für zukunftsfähige Strukturen in Brandenburg. Nur im Miteinander liegen die Lösungen für die spezifischen Probleme.

Straßen und Radwege, Bahnstrecken und Wasserstraßen sind für den Personen- und Güter- verkehr in Brandenburg lebenswichtige Verkehrsadern. Alle Landesteile müssen ausrei- chend versorgt und angebunden werden.

Im Flächenland Brandenburg hat die Sicherung von Mobilität für alle Menschen größte Be- deutung. Die Koalition setzt sich für die Ausweitung des Mobilitätstickets auf Berlin ein. Mobilität muss in allen Teilen der gemeinsamen Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg ent- sprechend den sich ändernden Bedürfnissen gewährleistet werden. Insbesondere sind dabei die zunehmenden wirtschaftlichen Verflechtungen und die Pendlerströme zwischen Berlin und seinem Umland sowie den anderen Teilen des Landes zu berücksichtigen. ÖPNV und SPNV haben mit ihren Beförderungsleistungen auch einen großen Anteil daran, die Klima- schutzziele des Landes zu erreichen.

Der Ausbau der Bahnverbindungen nach Polen hat für uns weiter hohe Priorität. Nach der abschließenden Entscheidung über die Regionalisierungsmittel des Bundes werden wir prü- fen, ob eine weitere S-Bahn-Anbindung der berlinnahen Regionen zukunftsfähig und finan- zierbar ist.

Brandenburgs Regionen dürfen nicht durch den Bund weiter von einem leistungsfähigen Fernverkehr abgehängt werden. In den dünn besiedelten Regionen werden Bürgerbusse, Kombibusse und Ruftaxis, die den Schienen- und Busverkehr ergänzen, unterstützt.

Die Koalition wird ein Mobilitätskonzept vorlegen, das den regional unterschiedlichen An- forderungen Rechnung trägt und auch in Zukunft einen leistungsfähigen Personennahver- kehr im Land gewährleistet. Im Schienenverkehr wird im Rahmen des VBB ein (Berlin-) Brandenburg-Takt eingeführt, bei dem optimale Umsteigebeziehungen entstehen.

Wir werden gemeinsam mit Kommunen und Landkreisen Busse und Bahnen besser vernet- zen und Linien besser aufeinander abstimmen, ein Schwerpunkt dabei ist der Schülerver- kehr.

Brandenburg setzt auch in Zukunft auf einen leistungsfähigen und bedarfsgerechten Regio- nalverkehr. Bei den Verhandlungen mit Bund und Ländern über die Regionalisierungsmittel wird sich Brandenburg für den besonderen Mobilitätsbedarf dünner besiedelter Regionen einsetzen. Die Mittel werden vorrangig zur Aufrechterhaltung des Zielnetzes eingesetzt. Bei den Verhandlungen mit dem Bund will die Koalition erreichen, dass keine Strecken abbe- stellt werden müssen.

Die Koalition setzt sich für eine langfristige Finanzierung des ÖPNV durch den Bund ein.

Die Koalition unterstützt regionale Initiativen von Wirtschaft, Tourismus und Bürgerschaft, die sich für eine größere Wirtschaftlichkeit von Bahnstrecken einsetzen.

Das Modellvorhaben KombiBus in der Uckermark hat sich als wirksamer Beitrag für die Qualitätssicherung der Daseinsvorsorge in dünn besiedelten Regionen etabliert; es ergänzt den ÖPNV um Komponenten der Nahversorgung. Auf der Basis des vorhandenen Leitfa- dens wird die Übertragung des KombiBus-Ansatzes für bis zu vier weitere Aufgabenträ- ger/Landkreise im Rahmen eines Wettbewerbs/Förderprogramms unterstützt sowie anteilig kofinanziert.

Neue Mobilitätsmodelle und Mobilitätszentralen werden unterstützt. Bahnhöfe werden bar- rierefrei ausgebaut. Zudem wird in Park+Ride- und Radabstellplätze investiert.

Die Koalition wird den Ausbau der Elektromobilität unterstützen.

Der bedarfsgerechte Erhalt und die Modernisierung von Straßen, Bahnstrecken, Fahrrad- und Wasserwegen hat Vorrang vor Neubauprojekten.

Besonderer Handlungsbedarf besteht bei Landesstraßen und Ortsdurchfahrten. Zu ihrer Zu- kunftssicherung werden aus dem Investitionsförderprogramm insgesamt 100 Millionen Euro vorrangig zur Verbesserung der innerörtlichen Verkehrsverhältnisse bereitgestellt.

Maßnahmen zum Erhalt von Landesstraßen werden in Abhängigkeit vom Verkehrsauf- kommen und den Anforderungen an die Verkehrssicherheit geprüft und sofern rechtlich möglich mit differenzierten Ausbaustandards umgesetzt.

Die Koalition wird prüfen, welche Straßen künftig als Landesstraßen in der Verantwortung des Landes bleiben.

Die Koalition setzt sich für die zügige Fertigstellung der A14 ein.

Wo immer möglich, muss Güterverkehr auf Schienen und Wasserstraßen verlagert werden. Die Koalition setzt sich für die Wiederaufnahme des Teltowkanals und der Oder-Spree- Wasserstraße in das transeuropäische Wasserstraßennetz ein.

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Alle Auszubildenden, Schülerinnen und Schüler sollen in ihrer Freizeit das ganze Jahr in ganz Brandenburg mobil sein können. Deshalb will die Koalition unter Einbeziehung des Landesschülerrates und des Verkehrsverbundes Berlin-Brandenburg das brandenburgische Schüler- und Auszubildenden-Ticket weiterentwickeln.

Die Koalition setzt den Stadtumbau und die Stärkung der Innenstädte weiter fort. Woh- nungsrückbau wird weiterhin unterstützt, wo er notwendig ist. Je nach Region gibt es einer- seits eine Verknappung preiswerter und bedarfsgerechter Wohnungen und andererseits nach wie vor Wohnungsleerstand. Hinzu kommt eine Ausdifferenzierung des Bedarfs an Wohnraum von altersgerechtem und barrierefreiem Wohnraum bis hin zu familienfreundli- chen Wohnungsangeboten sowie Angeboten für Ein-Personen-Haushalte. Entsprechend bleibt der Stadtumbau – mit fortgesetzter Förderung zur Unterstützung von Kommunen und Wohnungsunternehmen – ebenso erforderlich wie die Ermöglichung neuer Wohnformen einschließlich unkonventioneller Lösungen.

Wichtiges Ziel des Stadtumbaus ist, die Energieeffizienz der Wohnquartiere zu verbessern und einkommensschwache Haushalte mit bezahlbarem Wohnraum zu versorgen.

Das Programm „Soziale Stadt“ wird gemeinsam mit den Kommunen weiterentwickelt, wei- tere Kommunen werden in das Programm aufgenommen. Um Mieterinnen und Mieter vor schnell steigenden Mieten zu schützen, wird in betroffenen Regionen zügig eine Mietpreis- bremse eingeführt und der Wohnungsbau gefördert.

Mit einem Sonderprogramm werden wir verstärkt den sozialen und mietpreisgebundenen Wohnungsbau fördern. Der Ein- und Anbau von Aufzügen an Plattenbauten wird mit zins- günstigen Darlehen gefördert, um das Wohnen im Alter zu unterstützen.

Die Koalition setzt sich im künftigen Ost-West-Stadtumbauprogramm des Bundes für eine eigene „Säule Rückbau“ ein. Der Rückbau wird auch in Zukunft ein spezielles Problem der ostdeutschen Bundesländer sein. Das einheitliche, vom Bund zu erstellende Stadtumbaupro- gramm, das nicht mehr nach Ost und West unterteilt ist, muss entsprechend finanziell aus- gestattet sein.

Die Koalition wird die Bauordnung novellieren und sich dabei an der Musterbauordnung der Bauministerkonferenz orientieren.

Zur Sicherung der Daseinsvorsorge müssen die regionale und die interkommunale Koopera- tion ausgebaut werden – etwa auf den Gebieten der Bildung, der medizinischen und pflege- rischen Versorgung, des öffentlichen Nahverkehrs, der Ver- und Entsorgung sowie der Kommunikation. Die Grundversorgung bei der Daseinsvorsorge soll in ländlichen Zentren und größeren Orten konzentriert werden, die Angebote müssen zwischen den Kommunen abgestimmt werden. Entsprechend müssen auch Förder- und Finanzierungsmöglichkeiten neu durchdacht sowie innovative Lösungen unterstützt werden.

Hierbei müssen die Städte mehr Verantwortung für ihr Umland übernehmen und zugleich ihre Kooperation mit dem Umland verbessern. Im Rahmen des geplanten Stadt-Umland- Wettbewerbes sollen Aktivitäten gefördert werden, die unter Berücksichtigung der demo- grafischen Entwicklung das Zusammenwirken von Stadt und den umliegenden Gemeinden im oben genannten Sinn unterstützen. Dazu gehören beispielsweise Vorhaben zur Verbesse- rung der Mobilität, der Energieeffizienz oder zur Sicherung erreichbarer Nahversorgungs- und Servicestrukturen. Hierfür werden 185 Millionen Euro aus dem Europäischen Struk- turfonds und dem Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums zur Verfügung gestellt. Der Wettbewerb soll auch zur Stärkung der Investitionskraft der Städte und Gemeinden beitragen und ist Teil des „Paktes für zukunftsfähige Kommunal- finanzen“.

Freiwillige Feuerwehren, Hilfsorganisationen, Landjugend, Landfrauen, Sport- und Heimat- vereine sorgen für soziale Strukturen und damit für Zusammenhalt im ländlichen Raum und müssen bei ihrer wertvollen Aktivität unterstützt werden.

Der mit der gemeinsamen Landesplanung Berlin-Brandenburg gewählte Weg, Stärken zu stärken, Kräfte zu bündeln und Kooperationen zu befördern, hat das Land insgesamt voran gebracht. Vor diesem Hintergrund wird die Koalition die landesplanerischen Instrumente im Hinblick auf mögliche neue Anforderungen überprüfen und weiterentwickeln.

Die Sanierung der ehemaligen Tagebaue in der Lausitz ist eine Generationenaufgabe: Bis 2017 stehen dafür 587 Millionen Euro bereit, davon über 220 Millionen Euro vom Land. Mit diesen Mitteln wird ein sich selbst regulierender Wasserhaushalt wiederhergestellt und das Lausitzer Seenland als neuer touristischer Anziehungspunkt entwickelt.

6.2. Starke ländliche Räume

Brandenburg ist seiner Fläche nach eines der größten Bundesländer. Seine ländlichen Räume geben unserem Land Gesicht und Seele mit unverwechselbaren Naturräumen mit ganz eige- nen kulturellen Prägungen, Traditionen und Impulsen: die Prignitz und die Uckermark, der Barnim und das Oderbruch, der Fläming und das Havelland, die Ober- und die Niederlau- sitz die vielen kleineren, aber nicht minder markanten Kulturlandschaften.

In den vergangenen 25 Jahren fand überall ein dramatischer Umbruch statt: Verlust von Ar- beitsplätzen in der klassischen Landwirtschaft, Abwanderung und demografischer Wandel, Energiewende und Strukturwandel in der Landwirtschaft.

Wir begleiten diesen Wandel und gestalten ihn im Interesse der Menschen. Brandenburgs Landwirtschaft ist modern und vielfältig. Satellitengesteuerte Bodenbearbeitung und Acker- pflege von Hand, Agrargenossenschaften, ländlicher Nebenerwerb und der Ökobetrieb im Haupterwerb, alles hat seinen Platz in Brandenburg.

Die Koalition bekennt sich zum gemeinsamen Ziel des Erhalts und der Belebung der ländli- chen Räume als Lebens-, Natur- und Wirtschaftsräume. Wir wollen Beschäftigungsperspek-

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tiven und Versorgungssicherung mit nachhaltig produzierten Lebensmitteln und erneuerba- rer Energie sowie Lebensqualität in den ländlichen Räumen verbinden.

Die Chancen der ländlichen Entwicklung liegen in einer integrierten Entwicklung, die auf die Stärken der Landschaft baut: regionales Wirtschaften, Angebote für nachhaltigen und Naturtourismus, Direktvermarktung, sowie die breite regionale Erzeugung und Anwendung Erneuerbarer Energien. Erzeugergemeinschaften und -organisationen tragen zu fairen Marktbedingungen bei.

Die Koalition will die Wettbewerbsfähigkeit der flächendeckenden und leistungsfähigen Agrar-, Nahrungsmittel- und Forstwirtschaft in Brandenburg mit ihren über 45.000 Beschäf- tigten erhalten – und dies ohne Benachteiligung einzelner Rechts- und Bewirtschaftungsfor- men. Regionale Vermarktungsstrukturen werden weiter ausgebaut, die Agrarwirtschaftsini- tiative wird weiterentwickelt. Der neue strategische Ansatz der Förderkulisse für die För- derperiode von 2014 bis 2020 der Europäischen Union wird im Interesse der ländlichen Räume umgesetzt.

Die Koalition wird alle rechtlichen Möglichkeiten nutzen, um ortsansässige Land- wirte im Rahmen der Versagung der Genehmigung zur Grundstücksveräußerung bzw. Ge- nehmigung unter Auflagen und Bedingungen zu stärken. Wir werden eine Strategie entwi- ckeln, um den Flächenverbauch zu reduzieren.

Hochwertige Produkte aus Brandenburg sollen in Deutschland und in unseren Nachbarlän- dern bekannter und beliebter werden. Der Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen und Bio-Patente werden abgelehnt. Brandenburg setzt sich für eine bundesweite Regelung natio- naler Anbauverbote ein.

Wir treten für eine regionalverträgliche, tierartgerechte und flächengebundene Tierhaltung ein und unterstützen die Ziele der Tierwohlinitiative des Bundes.

Wir setzen uns für traditionelle Landnutzungsformen, wie die Schaf- und Ziegenhaltung, Imkerei, die Teich-, Fluss- und Seenfischerei, ein.

Der Boden und die Kosten des Bodenerwerbs sind entscheidend für die Wettbewerbsfähig-

keit der Unternehmen. Wir wollen alle Möglichkeiten ausschöpfen, um mäßigend auf die

Preisentwicklung zu wirken und Spekulation mit dem Boden zu verhindern. Die derzeitige

Diskussion um den Erwerb von Boden durch ortsansässige Landwirte wollen wir positiv

begleiten.

Wir wollen die Spitzenstellung Brandenburgs im Ökolandbau weiter ausbauen. Um bessere

Zugänge insbesondere zum Berliner Markt zu schaffen, werden wir eine Verarbeitungs- und

Vermarktungsstrategie entwickeln.

Agrarische Forschung sowie Aus-, Fort- und Weiterbildung sollen auf hohem Niveau erhal-

ten werden. Brandenburg verfügt bereits über eine vielfältige, exzellente und praxisbezogene

Agrar- und Umweltforschung. Ihr Erhalt ist für die Zukunftsfähigkeit unserer Betriebe und

die Erfüllung der Umwelt-, Natur- und Klimaschutzziele unabdingbar. Das landwirtschaftli-

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che Versuchswesen werden wir erhalten. Eine Imagekampagne soll um Nachwuchs bei den

„grünen Berufen“ werben.

Die Koalition lehnt eine Privatisierung des Landeswaldes ab. Der Wald ist im Bewusstsein

seiner besonderen Bedeutung für die Allgemeinheit durch ordnungsgemäße Bewirtschaf-

tung nachhaltig zu sichern und sofern erforderlich zu mehren. Die Qualität und Verlässlich-

keit forstlicher Querschnittsaufgaben (Forstschutz, Waldbrandschutz, Forschung, Monito-

ring, Ausbildung) ist sicher zu stellen.

Brandenburg ist das „Land der Alleen“. Damit es dabei bleibt, sollen an den Landes- und

Bundesstraßen pro Jahr im Durchschnitt 30 Kilometer Alleen neu bzw. wieder gepflanzt

werden. Mittel für Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen sollen auch weiterhin hierfür heran-

gezogen werden.

6.3. Umwelt

Umwelt-, Natur- und Ressourcenschutz gehören zu den wichtigsten Themen unserer Zeit. Die Koalition wird in Zukunft noch mehr Rücksicht auf die Umwelt und unsere Landschaf- ten nehmen.

Die Bewahrung unserer Natur ist nicht nur eine ökologische Herausforderung. Sie entschei- det auch über die ökonomische und soziale Zukunft unseres Landes. Die Koalition wird sich auch zukünftig für die ökologische Modernisierung unseres Landes einsetzen. Ökologisches Handeln ist auch eine Frage der Generationengerechtigkeit. Das Leben und Wirtschaften in Brandenburg muss weiterhin so gestaltet werden, dass nachkommende Generationen eine gute Zukunft haben – ökonomisch, sozial, ökologisch und demokratisch.

Die Koalition steht für die Bewahrung der typischen Brandenburger Landschaften, den Schutz heimischer Pflanzen- und Tierbestände und die Wiederherstellung von Lebensräu- men bedrohter Tier- und Pflanzenarten.

Nachhaltigkeit ist eine Querschnittsaufgabe aller Politikbereiche. Die Nachhaltigkeitsstrate- gie des Landes wird fortgeschrieben.

Die Koalition trägt dazu bei, dass das 2014 beschlossene Maßnahmenpaket zum Schutz der biologischen Vielfalt umgesetzt wird. Der Schutz der biologischen Vielfalt für künftige Gene- rationen ist keine Aufgabe des Naturschutzes allein, sondern eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, bei der auch allen anderen Politikfeldern wie der Land- und Forstwirtschaft, der Wasserwirtschaft, der Verkehrs- und Energiepolitik sowie der Fischerei eine wichtige Rolle zukommt.

Die Koalition wird die Aufgaben- und Stellenausstattung der Naturschutzverwaltungen auf Landes- und kommunaler Ebene einem Ländervergleich unterziehen. Ziel ist eine bundes- durchschnittliche Aufgaben- und Stellenausstattung.

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Die Landesregierung wird sich für eine Stärkung der Großschutzgebiete als öffentliche Auf- gabe als Bestandteil der Nationalen Naturlandschaften einsetzen und sie als Schwerpunktbe- reiche Brandenburgs für den Naturtourismus sowie als Modellregionen für eine nachhaltige Entwicklung fördern.

In den vergangenen Jahren wurde Brandenburg immer wieder von Hochwasser heimge- sucht. Die große Hilfsbereitschaft der Menschen und das professionelle Zusammenwirken aller Kräfte des Katastrophenschutzes von den verschiedenen Hilfsgesellschaften, den Frei- willigen Feuerwehren bis zum Technischen Hilfswerk und der Bundeswehr haben größere Katastrophen abgewendet.

Für die Erarbeitung eines nationalen Hochwasserschutzprogramms sind aus Brandenburger Sicht eine gemeinsame Betrachtung aller Gewässer, zusätzliche Rückhalteflächen, abge- stimmte Standards, eine gemeinsame Finanzierungsstrategie und der finanzielle Schadens- ausgleich für Landwirte, deren Flächen gezielt geflutet werden, wesentliche Inhalte. Eine Wohn- und Gewerbebebauung von überschwemmungsgefährdeten Gebieten soll zukünftig unterbleiben.

Die Koalition erwartet, dass der Bund sein Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag, die Rah- menbedingungen einer Elementarschadenversicherung zu prüfen, zügig umsetzt.

Die Koalition wird auch zukünftig Strukturen vorhalten, um schnell auf Katastrophen rea- gieren zu können und dabei eng mit Sachsen, Sachsen-Anhalt und Polen zusammenarbeiten. Nach der fast vollständigen Sanierung der Deiche an der Oder wird in den kommenden Jah- ren die Deichsanierung an der Elbe abgeschlossen – dabei wird den Flüssen deutlich mehr Raum gegeben. In den kommenden fünf Jahren wird die naturnahe Sanierung und Rückver- legung von Deichen an der Schwarzen Elster Schwerpunkt des Hochwasserschutzpro- gramms sein.

Gewässer haben einen besonderen Wert für Tourismus und Naturschutz. Ein ausgewogener Wasserhaushalt stellt vor dem Hintergrund des Klimawandels eine besondere Herausforde- rung dar. Mit dem Brandenburger Moorschutzprogramm wird die Koalition die Funktions- fähigkeit von regenerierbaren Mooren und das Erscheinungsbild einer einzigartigen Land- schaft wiederherstellen und erhalten. Dabei müssen die Interessen von land- und forstwirt- schaftlicher Nutzung berücksichtigt werden.

Eine Privatisierung von Gewässern in Brandenburg kommt auch weiterhin nicht in Frage, der freie Zugang aller Bürgerinnen und Bürger soll gewährleistet sein.

Die EU-Wasserrahmenrichtlinie wird umgesetzt.

Das brandenburgische Wassergesetz wird novelliert und ein Interessenausgleich bei der konfliktträchtigen Organisation der Gewässerunterhaltung herbeigeführt. Die Verteilung der Kosten für die Gewässerunterhaltung auf die Grundstückseigentümer soll gerechter gestaltet

sowie regionale Besonderheiten und das Verursacher- und Vorteilsprinzip stärker berück- sichtigt werden.

Die Koalition geht davon aus, dass der Investitionsbedarf für wasserwirtschaftliche Maß- nahmen (Deichbau, Hochwasserschutz, Gewässersanierung. Landschaftswasserhaushalt, Abwassermaßnahmen) bis zu 50 Millionen Euro pro Jahr beträgt und wird dies im Rahmen der Haushaltsaufstellung berücksichtigen.

Ebenso wird nachgewiesener Bedarf an Fachpersonal in den Bereichen Deichbau und Im- missionsschutz im Rahmen der Haushaltsaufstellung berücksichtigt.

Die Koalition wird sich für die Steigerung der Effektivität und die Stabilisierung der Ver- bändestrukturen im Trink- und Abwasserbereich einsetzen.

Die Koalition wird die nachhaltige Abfallpolitik fortsetzen. Ziel sind sozialverträgliche Ab- fallgebühren.

Die Koalition setzt sich auf Bundesebene weiterhin für einen Schutz vor gesundheitlichen Schäden durch eine zu hohe Lärmbelastung ein.

Auf der Landesebene setzen wir die Unter-

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stützung der Kommunen bei der Umsetzung der Lärmaktionsplanung fort.

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7. Finanzen

Brandenburg hat in den letzten Jahren eine Haushalts- und Finanzpolitik mit Augenmaß und Courage entwickelt. Erfolgreiche Konsolidierung – bis hin zum Einstieg in die Schul- dentilgung – ging mit klaren sozialen und zukunftsorientierten Prioritäten einher: Die Berei- che Bildung, Wissenschaft und Forschung waren von Einsparauflagen ausgenommen; nach Möglichkeit wurden sogar zusätzliche Mittel bereitgestellt. Viele Menschen und das ganze Land haben daraus Nutzen gezogen: Junge Leute fanden Arbeit in Brandenburg, Kinder wurden besser betreut, Lehrer und Polizisten entlastet. Die Belastung künftiger Generatio- nen wurde verringert, die aktuellen Gestaltungsmöglichkeiten der Politik wurden erweitert.

Die Koalitionspartner sind sich einig, ihre solide Finanzpolitik ausgeglichener Haushalte ohne neue Schulden und zugleich mit sozialem Augenmaß und Prioritätensicherung fortzu- setzen. In wirtschaftlich guten Zeiten werden Rücklagen gebildet, auf die in schlechten Zei- ten zurückgegriffen werden kann. Jährliche Haushaltsüberschüsse werden bis zu einer Grö- ßenordnung von zehn Prozent des Gesamthaushaltes als Schwankungsreserve angespart. Darüber hinausgehende Überschüsse werden zur Hälfte zur Erhöhung der Schwankungsre- serve und zur anderen Hälfte zur Schuldentilgung eingesetzt. Es geht darum, die dem Land Brandenburg zur Verfügung stehende Finanzausstattung zielgerichtet für zukunftsträchtige Investitionen einzusetzen. Das ist generationengerecht und stärkt langfristig den Hand- lungsspielraum der Politik. Prioritär sind dabei Ausgaben für Bildung, Wissenschaft, For- schung, Wirtschaft und Infrastruktur. Bei der Realisierung von Zukunftsinvestitionen sollen insbesondere auch EU- und Bundesmittel zur Kofinanzierung genutzt werden. Das Land Brandenburg wird sich im Interesse der Übergangsregionen aktiv für eine Weiterentwick- lung der Förderpolitik der EU ab 2019 einsetzen. Ausgabensteigerungen sind durch Ein- nahmeerhöhungen oder durch Einsparungen an anderer Stelle zu kompensieren.

In vielen Teilen Ostdeutschlands sind die Lebensverhältnisse noch nicht mit den alten Län- dern vergleichbar, wenngleich große Aufholleistungen erbracht wurden. Deshalb wird die Koalition ostdeutsche Interessen auch in Zukunft nachdrücklich vertreten.

Das System des Länderfinanzausgleichs hat sich bewährt. Bei den Neuverhandlungen zum Länderfinanzausgleich wird sich die Koalition dafür einsetzen, dass starke Bundesländer auch in Zukunft finanzschwächeren unter die Arme greifen. Ziel ist die Wahrung eines soli- darischen und kooperativen Miteinanders im Sinne des Föderalismus des Grundgesetzes mit der Herstellung und Wahrung gleichwertiger und einheitlicher Lebensverhältnisse in ganz Deutschland.

Die Koalition wird sich auf Bundesebene für die Beibehaltung des Aufkommens aus dem Solidaritätszuschlag und die Verwendung der Mittel vor allem für strukturschwache Regio- nen einsetzen. Darüber hinaus machen sich die Koalitionspartner für die weitere Entlastung der Kommunen von Soziallasten durch den Bund stark.

Die Koalitionspartner vereinbaren, auf Bundesebene für ein gerechtes Steuersystem und die Stärkung der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit einzutreten.

Starke Kommunen brauchen eine stabile finanzielle Grundlage. Die Koalition wird mit den Kommunen einen „Pakt für zukunftsfähige Kommunalfinanzen“ schließen, der auf dem Dreiklang solide Grundfinanzierung über das Finanzausgleichgesetz, Kommunale Investiti- onen und Teilentschuldungsprogramm für hoch verschuldete Kommunen basiert.

Die Koalition wird die vorhandene Struktur der Grundfinanzierung über das Finanzaus- gleichsgesetz grundsätzlich beibehalten und unter Berücksichtigung neuer Kommunalstruk- turen und der Funktionalreform weiterentwickeln. Ziel ist es, mit dem FAG eine adäquate Finanzausstattung der Landkreise, Städte und Gemeinden sicherzustellen. Die Kommunen werden weiterhin mit 20 Prozent an den Einnahmen des Landes beteiligt. Dabei wird auch die von Bundesseite zu erwartende weitere Entlastung Berücksichtigung finden. Der Vor- wegabzug in Höhe von ursprünglich 50 Millionen Euro wird bis 2016 zugunsten der kom- munalen Familie abgeschmolzen sein. Der Kommunale Finanzausgleich soll stärker als bis- her soziale Lasten berücksichtigen und für einen besseren Ausgleich zwischen den Kommu- nen sorgen. Der Soziallastenausgleich wird weiterentwickelt. Unangetastet bleibt das Prinzip des solidarischen Ausgleichs zwischen finanzstarken und finanzschwachen Kommunen.

Die Koalition wird prüfen, ob Investitionen der Kommunen über weitere zinsgünstige Dar- lehensprogramme der ILB gefördert werden können. Auch finanzschwächere Kommunen sollen weiterhin wichtige Investitionen tätigen können. Deshalb wird das bewährte Instru- mentarium des „Nothilfefonds“ und insbesondere auch die Möglichkeit zu direkten Investi- tionshilfen im Rahmen des § 16 FAG beibehalten.

Zudem wird die Koalition für hoch verschuldete Kommunen ein gesondertes Teilentschul- dungsprogramm vorlegen. Mit dem Programm soll erreicht werden, dass überdurchschnitt- lich verschuldete Kommunen ihre Schulden dauerhaft abbauen können. Die benötigten fi- nanziellen Mittel werden aus Landesmitteln und der Verbundmasse bereitgestellt. Die Teil- entschuldung soll über einen Zeitraum von mindestens zehn Jahren erfolgen. Kommunen, die an dem Programm teilnehmen, müssen belastbare Konsolidierungspfade vorlegen und sich mit eigenen Maßnahmen an der Teilentschuldung beteiligen. Zwischen dem Land und den am Programm teilnehmenden Kommunen werden vertraglich Sanktionsmechanismen bei Nichteinhaltung der Konsolidierungsziele verabredet. Um die Finanzsituation der Kom- munen bei Wahrung der kommunalen Selbstverwaltung besser zu steuern, wird ein beglei- tendes Monitoring eingeführt.

Die Koalition wird ab 2016 über den Zeitraum der Legislatur ein zusätzliches Investitions- förderprogramm im Umfang von 230 Millionen Euro zur Stärkung der Infrastruktur aufle- gen. Vor dem Hintergrund des Investitionsstaus in der Infrastruktur und damit verbundener aktueller Herausforderungen für Land und Kommunen ist das landespolitische Ziel die För- derung von Landesstraßen/Ortsdurchfahrten in Höhe von 100 Millionen Euro, der kommu- nalen Bildungsinfrastruktur in Höhe von 80 Millionen Euro, der kommunalen Verkehrs- und Feuerwehrinfrastruktur in Höhe von 35 Millionen Euro und der kommunalen Freizeit- und Sportinfrastruktur in Höhe von 15 Millionen Euro. Zu den Mitteln für die kommunalen In- vestitionen kommen kommunale Eigenanteile je nach Programmdetails.

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Kommunen, die dem Haushaltssicherungskonzept unterliegen, können den Eigenanteil aus dem § 16 FAG erstattet bekommen.

Die Mittel für die Landesstraßen/Ortsdurchfahrten werden gemäß den Prioritäten im Lan- desstraßenbedarfsplan verwendet.

Bei der Umsetzung der weiteren Programmteile kommt den kommunalen Bedarfen eine hohe Bedeutung zu, deshalb wird die Koalition die Mitsprache der kommunalen Ebene si- cherstellen.

Die Koalition wird die Grunderwerbssteuer erhöhen.

Die Pensionslasten werden bis zum Jahr 2030 von 160 Millionen Euro 2012 auf eine Milliarde Euro steigen. Der Pensionsfonds wird beibehalten.

Es werden keine weiteren Bauvorhaben des Landes im Wege der öffentlich-privaten Partner- schaft (ÖPP) realisiert.

8. Leistungsfähiger öffentlicher Dienst

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der öffentlichen Verwaltungen im Land Brandenburg sorgen mit ihren Erfahrungen, Kompetenzen und Bürgernähe maßgeblich dafür, dass das Land Brandenburg über einen leistungsstarken öffentlichen Dienst verfügt.

Die demografische Entwicklung, die Änderung rechtlicher Rahmenbedingungen sowie die zunehmende Belastung des Landeshaushaltes durch nichtbeeinflussbare Aufgabenblöcke stellen auch veränderte Anforderungen an das Land als Arbeitgeber. Die Landesverwaltung muss finanzierbar und das Land als Arbeitgeber attraktiv bleiben. Die Koalition wird die Leistungsfähigkeit des öffentlichen Dienstes durch eine bürgernahe zuverlässige Verwaltung und qualitativ hochwertige Dienstleistungen weiterhin gewährleisten.

Am Prinzip der Personalbedarfsplanung soll im Wesentlichen festgehalten werden. Im Sinne einer vorausschauenden Personalpolitik werden vor allem die Bereiche gestärkt, die für den weiteren Ausbau der staatlichen Infrastruktur (z. B. Deichbau- und Wasserwirtschaft), der Wirtschaftsentwicklung (z. B. Immissionsschutz), für Bildung und Sicherheit erforderlich sind. Wir werden dafür Sorge tragen, dass frühzeitig Nachwuchs, insbesondere dort, wo mit verstärkten Abgängen zu rechnen ist, ausgebildet wird. Die Koalition geht von einem Perso- nalbestand zum 31. Dezember 2019 von maximal 44.200 aus. Die Koalition ist sich einig, dass die weitere Haushaltskonsolidierung eine effiziente und sparsame Personalpolitik erfordert.

Ein strategisches und ressortübergreifendes Personalmanagement ist eine zentrale Gestal- tungsaufgabe der Landesregierung.

Das Modell der Einstellungskorridore für Nachwuchskräfte hat sich bewährt und wird fort- gesetzt. Die Zahl der Nachwuchsstellen wird auf insgesamt 285 pro Jahr erhöht.
Neben der Gewinnung und Ausbildung neuer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wird auch die Fortbildung der bereits in der Landesverwaltung Beschäftigten im Sinne eines lebenslan- gen Lernens zunehmend wichtiger. Hierzu wird Königs Wusterhausen als zentraler Fortbil- dungsstandort gesichert. Die landesinternen Fortbildungsangebote werden überprüft und bedarfsgerecht weiterentwickelt.

Zur Sicherung der Attraktivität des öffentlichen Dienstes soll die Landesverwaltung auch eine Vorbildfunktion für familienfreundliche und barrierefreie Arbeitsbedingungen einneh- men.

Ein umfassendes strategisches Gesundheitsmanagement verstehen wir als Aufgabe aller Be- hörden und Einrichtungen und werden die Umsetzung aktiv fördern.

Die zur Begleitung des Verwaltungsumbaus begonnene Qualifizierungsoffensive der Lan- desregierung wird unter dem Aspekt des regionalen bzw. berufsgruppenspezifischen Fach- kräftemangels ausgeweitet.

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Der Fachkräftegewinnung im öffentlichen Dienst werden wir ein besonderes Augenmerk widmen und dabei auch die Bedarfe der kommunalen Verwaltungen berücksichtigen. Wir werden Fachkräfte für den allgemeinen gehobenen Verwaltungsdienst der Landesverwal- tung ausbilden.

Die Tätigkeit der Fachhochschule für Finanzen und der Landesfinanzschule in Königs Wusterhausen wird zur Sicherung der Qualität der Ausbildung in der Finanzverwaltung auf eine gesetzliche Grundlage gestellt.

Wir streben eine größere Durchlässigkeit und Flexibilität für Quereinsteiger, insbesondere auch in Führungspositionen, an. Wir werden das öffentliche Dienstrecht in Abstimmung mit den Gewerkschaften dahingehend überprüfen, ob es noch verzichtbare formale Zugangs- hürden enthält, die der notwendigen Gewinnung von Nachwuchs- und Fachkräften entge- genstehen.

Die Koalition bekräftigt die Bereitschaft, im Rahmen der Funktionalreform Tarifverhandlun- gen über eine sozialverträgliche Begleitung der Personalüberleitung von Landesbeschäftig- ten aufzunehmen. Im Verbund mit der Tarifgemeinschaft deutscher Länder setzen wir uns für eine flächentarifrechtliche Regelung für eine demografiefeste Landesverwaltung ein. Da- zu sollen die Gespräche mit den Gewerkschaften zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der Brandenburgischen Landesverwaltung und zur aktiven Gestaltung des Generationenwech- sels fortgeführt werden.

Im Mittelpunkt dieser Gespräche sollte nicht mehr die finanzielle Förderung eines vorzeiti- gen Ausscheidens von Landesbediensteten, sondern die Stärkung und Nutzung der Potenti- ale der vorhandenen Landesbeschäftigten sowie die Nachwuchsgewinnung stehen. Das schließt nicht aus, dass wir in den Gesprächen ein besonderes Augenmerk auf Beschäfti- gungsgruppen mit besonderen Belastungen legen. Zu den Gesprächsthemen gehören al- terns- und lebensphasengerechte Arbeitsbedingungen, Qualifizierungs- und Weiterbil- dungsangebote, zukunftssichere Beschäftigung, Gewinnung und Einstellung junger Beschäf- tigter, Einrichtung von Langzeitarbeitskonten für Tarifbeschäftigte.

Wir werden die Zusammenführung der landesverwaltungsinternen Aufgaben und Dienst- leistungen bei ZIT-BB (Brandenburgischer IT-Dienstleister), ZBB (Zentrale Bezügestelle), LGB (Landesvermessung und Geobasisinformation Brandenburg) und BLB (Brandenburgi- scher Landesbetrieb für Liegenschaften und Bauen) fortführen und die dabei in den Ressorts eingesetzten Verfahren (z. B. Aktenbearbeitung und Archivierung, Personalverwal- tung/Bezüge, Haushaltsvollzug, Forderungsmanagement und -vollstreckung beim ZIT-BB bzw. der Finanzserviceagentur) technisch standardisieren und zentralisieren. Zur Moderni- sierung des Personalmanagements wird das bereits genutzte Personalinformationssystem zur Personal- und Stellenverwaltung (PERIS) in der Landesverwaltung und der Justiz ver- bindlich eingeführt und ausgebaut. Zudem wird darüber für die landesweite Stellenplanung eine zentrale Auswertungsmöglichkeit eingerichtet.

Der BLB wird weiter als zentraler Dienstleister für das Liegenschaftsmanagement, Bauen im Landesauftrag und für nachhaltiges Energiemanagement in den Landesliegenschaften ent- wickelt.

Im Zusammenhang mit der Umsetzung der Funktionalreform werden wir eine sachgerechte Reduzierung der Zahl der Fachbehörden des Landes prüfen.

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9. Brandenburg in Europa

Brandenburg liegt in der Mitte Europas – seine Geschicke und die Geschicke Europas waren in der Geschichte und sind in Gegenwart wie Zukunft eng miteinander verbunden. Wir wol- len die Lehren aus der Geschichte ziehen: Die Zukunft Europas muss friedlich und demokra- tisch sein. Das Land Brandenburg setzt in seinen Außenbeziehungen weiter auf den Ausbau der europäischen Integration.

Brandenburg profitiert durch seine Lage mitten in Europa besonders von den Chancen der europäischen Integration. Die Bilanz nach zehn Jahren EU-Osterweiterung hat dies nach- drücklich belegt. Auch Dank der EU-Förderung ist Brandenburg heute eine selbstbewusste und starke europäische Region.

Vor diesem Hintergrund wird die Koalition ihre europapolitischen Ziele stärker als bisher in die europäischen Meinungsbildungs- und Entscheidungsprozesse einbringen. In besonderer Weise sehen wir uns in der Verantwortung für die Stärkung der sozialen Dimension der Eu- ropäischen Union, vor allem der Bekämpfung von Jugendarbeitslosigkeit und Armut. Sozia- le, ökologische, rechtsstaatliche und demokratische Standards sollen gestärkt und nicht aus- gehebelt werden. Die Koalitionspartner werden sich weiter für ein neues Verhältnis von so- zialen Grundrechten und wirtschaftlichen Grundfreiheiten in den Europäischen Verträgen und für breitere Mitwirkungs- und Mitbestimmungsmöglichkeiten der EU-Bürger auf euro- päischer Ebene einsetzen.

Die bisherige Landesregierung hat für die Förderperiode 2014-2020 landespolitische Prioritä- ten festgelegt, die weiter verfolgt und effektiv umgesetzt werden sollen. Der Verwaltungs- aufwand soll dabei möglichst klein gehalten werden. Wegen des Rückgangs der Fördermittel in den Strukturfonds EFRE und ESF sollen verstärkt EU-Programme wie „Horizont 2020“ und „Erasmus+“ genutzt werden, die zentral von den europäischen Institutionen verwaltet werden.

Mit dem neuen fondsübergreifenden Stadt-Umland-Wettbewerb soll dem demografischen Wandel und den damit verbundenen Herausforderungen begegnet werden. Die Umsetzung wird über eine noch intensivere Zusammenarbeit der Ressorts erfolgen.

Die Mittel aus den Europäischen Strukturfonds müssen effizient eingesetzt werden. Die möglichst vollständige Kofinanzierung durch Landesmittel und durch Einbeziehung anderer öffentlicher und privater Mittel ist sicherzustellen.

Mit der Umsetzung der Internationalisierungsstrategie verfolgt die Koalition das Ziel, Bran- denburg international handlungsfähiger, attraktiver und wettbewerbsfähiger zu machen und im Land ein Klima größerer Weltoffenheit und Toleranz zu befördern.

Um ein erfolgreiches Handeln des Landes auf europäischer und internationaler Ebene si- cherzustellen, setzen sich die Koalitionäre für eine Stärkung der personellen Ressourcen der

Landesverwaltung ein. Entsprechende Fortbildungsmaßnahmen für Beschäftigte und Füh- rungskräfte, Abordnungen zu EU-Institutionen und anderen internationalen Organisationen, Partnerverwaltungen und zur Bundesregierung sowie Teilnahme an Weiterbildungspro- grammen der EU sind hierbei wichtige Instrumente. Europapolitische, internationale, inter- kulturelle und fremdsprachliche Kompetenzen sollten bei der Personalauswahl und Beförde- rung als zusätzliche Qualifikation ein höheres Gewicht erhalten.

Über die Landesvertretung Brüssel können die europapolitischen Ziele der Koalition gegen- über den Institutionen der Europäischen Union vertreten werden. Gemeinsam mit anderen Regionen sollen abgestimmte Projekte auf den Weg gebracht, Brandenburger Kommunen und ihre Verbände sowie Nichtregierungsorganisationen stärker in die europäische Politik- gestaltung einbezogen werden. Die Arbeit der Landesvertretung soll sich dabei auf zentrale landespolitische Themen wie die Umsetzung der landespolitischen Prioritäten im Rahmen der Förderperiode 2014-2020, die verstärkte Nutzung von Aktionsprogrammen der EU und energie- und verkehrspolitische Themen im europäischen Kontext sowie die soziale Dimen- sion von EU-Politik konzentrieren. Um eine effektive Interessenvertretung in Brüssel zu er- möglichen, wird die Koalition sicherstellen, dass Mitglieder der Landesregierung regelmäßig in Brüssel präsent sind. Für die kontinuierliche Netzwerkarbeit vor Ort ist eine qualifizierte personelle Ausstattung der Landesvertretung erforderlich. Die Koalition wird darauf hin- wirken, dass die Ressorts die notwendigen personellen Ressourcen bereitstellen.

Brandenburg profitiert von seinen internationalen Kontakten und seiner Präsenz in interna- tionalen Netzwerken. Eine Vielzahl von Akteurinnen und Akteuren im Land ist daran betei- ligt. Die Koalition befürwortet deshalb eine Vertiefung der Beziehungen Brandenburgs zu europäischen Regionen in Ost und West sowie zu wichtigen internationalen Partnern in Asi- en und Nordamerika. Damit wird die Außenwirtschaft der Brandenburger Unternehmen und die Ansiedlung von Investoren aus dem Ausland sowie die Internationalisierung von Wissenschaft, Forschung, Bildung und Kultur befördert.

Die Koalition ist sich ihrer Verantwortung für die Eine Welt bewusst und unterstützt bran- denburgische Akteure der Entwicklungszusammenarbeit. Ein Schwerpunkt ist dabei die Vorbereitung des „Europäischen Jahres der Entwicklung“ 2015. Die Entwicklungspolitischen Leitlinien der Landesregierung von 2012 werden fortgeschrieben.

Gerade für die kleinen und mittelständischen Unternehmen sind der Schritt in die Außen- wirtschaft und die Erschließung internationaler Märkte eine große Chance und eine beson- dere Herausforderung. Im Rahmen der für die neue Förderperiode zur Verfügung stehenden Mittel werden wir für die Außenwirtschafts- und Markterschließungsförderung Fördermittel bedarfsgemäß zur Verfügung stellen. Unsere Zielstellung ist dabei eine Intensivierung der Zusammenarbeit mit Berlin, mit unserem Nachbarland Polen sowie auch die Kooperation mit den Ländern des Ostseeraums.

Die Zusammenarbeit mit der Republik Polen und auf regionaler Ebene mit unseren Part- nerwojewodschaften ist ein zentrales Anliegen der Landespolitik. Die Ernennung des bran- denburgischen Ministerpräsidenten zum Koordinator der Bundesregierung für die deutsch-

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polnische zwischengesellschaftliche und grenznahe Zusammenarbeit ist nicht nur eine Wür- digung der besonderen Rolle Brandenburgs. Sie bietet die Möglichkeit, die Zusammenarbeit zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen zu intensivieren und den politischen Dialog, u.a. im Weimarer Dreieck, in der Stiftung Genshagen und in den Bezie- hungen zur Regierung in Warschau, weiter auszubauen sowie im Rahmen der Oderpartner- schaft den Anliegen der deutsch-polnischen Grenzregion stärker Gehör zu verschaffen.

Die Regionen diesseits und jenseits von Oder und Neiße haben heute ähnliche Rahmenbe- dingungen in einem gemeinsamen Europäischen Haus. Die Koalition wird weiterhin darauf hinwirken, dass durch die grenzüberschreitende Zusammenarbeit eine Modellregion für die europäische Integration entsteht. Neben den bewährten Feldern der Zusammenarbeit wer- den neue Kooperationsbereiche erschlossen.

Für die kommenden fünf Jahre sind besondere Anstrengungen zum Ausbau der grenzüber- schreitenden Verkehrsinfrastruktur wichtig, u.a. durch Einbeziehung Berlins und War- schaus, vor allem durch Fortschritte bei den Bahnverbindungen Berlin-Szczecin, Berlin- Küstrin-Gorzów sowie Berlin-Wrocław.

Fehlende Sprachkenntnisse sind immer noch ein Hindernis in der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit. Deshalb unterstützen die Koalitionspartner den Ausbau des Polnisch- Unterrichtes an brandenburgischen Schulen und von Jugendbegegnungen. Sprachkenntnisse sind unverzichtbar für ein kulturelles und wirtschaftliches Zusammenwachsen der Grenzre- gion.

Wichtig sind gemeinsame Anstrengungen zur Bekämpfung der grenzüberschreitenden Kri- minalität. Die bereits bestehende gute Zusammenarbeit mit den polnischen Behörden wird dazu weiter ausgebaut und vertieft. Das gilt auch für die behördliche Zusammenarbeit beim Hochwasserschutz, beim Rettungsdienst sowie beim Brand- und Katstrophenschutz.

Um diese Ziele zu erreichen, wird die Landesregierung die Instrumente der grenzüberschrei- tenden Zusammenarbeit nutzen:

Brandenburg wird sich weiter engagiert in die Arbeit der Deutsch-Polnischen Regierungs- kommission für grenznahe und interregionale Zusammenarbeit einbringen.

Die „Oderpartnerschaft“ wird zu einem kontinuierlichen, engen Netzwerk der Länder und Wojewodschaften entlang der Grenze weiterentwickelt.

Unseren Partnern in den Woiwodschaften Lubuskie (Lebuser Land), Zachodniopomorskie (Westpommern), Wielkopolskie (Großpolen) und Dolnośląskie (Niederschlesien) sowie in Berlin, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen bieten wir darüber hinaus eine Verständi- gung über Entwicklungslinien für eine gemeinsame Region an Oder und Neiße für die nächsten 15 bis 20 Jahre an.

Dieser Entwicklungsprozess ist eingebettet in die Umsetzung der Internationalisierungsstra- tegie.

Die Euroregionen sollen sich weiter als Träger der grenzüberschreitenden regionalen Ent- wicklung profilieren. Mit den finanziellen Mitteln der Europäischen Territorialen Zusam- menarbeit („INTERREG“) werden effiziente und nachhaltige Projekte zur Gestaltung der Grenzregion gefördert. Die Koalition unterstützt in besonderer Weise vor allem auch die vielen kleinteiligen Formen der Begegnung von Polen und Deutschen in der Grenzregion. Sie sind für das gegenseitige Verstehen und für das Zusammenwachsen der deutsch- polnischen Grenzregion unverzichtbar.

Die Koalition wird zum Ausbau der schon heute umfangreichen internationalen Partner- schaften, insbesondere mit Polen, das Instrument der bisherigen Partnerschaftsbeauftragten weiterentwickeln, um insbesondere Unternehmen, Verbände, Schulen und Hochschulen, Forschungseinrichtungen und andere gesellschaftliche Akteure zusammen zu bringen.

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10. Staatskanzlei
10.1. Demografischer Wandel

Der demografische Wandel wird die Gesellschaft in Brandenburg in den nächsten 20 Jahren weiter stark verändern. Vor diesem Hintergrund werden schon heute dezentrale und flexible Lösungen erprobt, Angebote kombiniert und Standards in bestimmten Regionen angepasst.

Diesen Weg will die Koalition fortsetzen und Projekte und Maßnahmen mit strategischer Ausrichtung auf den Umgang mit den Folgen des demografischen Wandels fördern. Mo- dellvorhaben zur Zukunftsfähigkeit von Regionen werden mit dem Ziel einer späteren Über- tragbarkeit der Lösungsansätze durch die Landesregierung unterstützt. Zudem unterstützt die Koalition regionale Akteurinnen und Akteure durch Vermittlung in Programme und Maßnahmen auf Bundes- wie auf EU-Ebene und lotet entsprechende Fördermöglichkeiten aus.

Die Landesregierung wird sich einmal im Jahr als „Demografie-Kabinett“ intensiv mit res- sortübergreifenden und fachpolitischen demografischen Themen befassen. In einem „Grün- buch Demografischer Wandel in Brandenburg“ werden die bisher bei der Bewältigung der demografischen Herausforderungen gesammelten Erfahrungen, die erarbeiteten Hand- lungshilfen, Leitfäden und neuen Lösungsansätze sowie neu aufgebaute Strukturen und Vorschläge gebündelt und gemeinsam mit der Praxis diskutiert.

10.2. Ehrenamtliches Engagement

Wo Menschen sich engagieren, entsteht Zusammenhalt. Viele Brandenburgerinnen und Brandenburger setzen sich in ihrer Freizeit für Nachbarn, Natur und Gesellschaft ein – das Land braucht dieses bürgerschaftliche Engagement. Deshalb wird die Koalition das Ehren- amt und die Infrastruktur der Freiwilligen weiter unterstützen und die Förderbedingungen effektiver und unbürokratischer gestalten. Die „Koordinierungsstelle für bürgerschaftliches Engagement“ in der Staatskanzlei fördert weiterhin eine Kultur der Anerkennung. Mit den Freiwilligenpässen und den Ehrenamtskarten erhalten die Engagierten ein nützliches Dan- keschön für ihre unentgeltliche Arbeit für unser Brandenburg. Auf Bundesebene setzen wir uns weiter dafür ein, dass Aufwandsentschädigungen für geleistete Ehrenamtsarbeit voll umfänglich anrechnungsfrei auf Arbeitslosengeld II sind.

10.3. Erinnerungskultur

Die Koalition misst der Erinnerungskultur eine große Bedeutung bei. Das betrifft sowohl die Erinnerung an Nationalsozialismus, Weltkrieg und Holocaust, an Flucht und Vertreibung als auch an die Verbrechen stalinistischer Herrschaft nach 1945 und die Geschichte der SED- Diktatur.

Die Arbeit der Enquete-Kommission 5/1 zur „Aufarbeitung der Geschichte und Bewälti- gung von Folgen der SED–Diktatur und des Übergangs in einen demokratischen Rechtsstaat im Land Brandenburg“ war wichtig für Brandenburg. Die Koalition wird sich weiter mit den Handlungsempfehlungen der Enquete-Kommission befassen und diese – wo sinnvoll und finanzierbar – umsetzen.

Opfervereine und -verbände, Lagergemeinschaften und Aufarbeitungsinitiativen werden künftig mit 80.000 Euro pro Jahr unterstützt. Die Mittelverteilung erfolgt wie bisher auf Vor- schlag der Landesbeauftragten zur Aufarbeitung der Folgen der kommunistischen Diktatur. Die Finanzierung erfolgt aus Haushaltsmitteln.

Die Koalition setzt sich dafür ein, dass die aus dem Stasi-Unterlagen-Gesetz resultierenden Aufgaben des BStU langfristig und in Zusammenarbeit mit anderen Institutionen effizient und sachgerecht fortgeführt werden können.

Lokale und regionale Initiativen werden besonders an den historischen Orten gestärkt, de- nen die Landesregierung in ihrem Konzept „Geschichte vor Ort“ ein hohes landespolitisches Interesse bescheinigt hat, das gilt insbesondere für Orte mit „mehrfacher Vergangenheit“ wie Jamlitz-Lieberose und Mühlberg.

Die gedenkstättenpädagogische Arbeit soll, aufbauend auf den positiven Erfahrungen der zurückliegenden Jahre inhaltlich verstetigt und weiterentwickelt werden. Wir streben an, dass jeder Brandenburger Schüler im Laufe seiner Schulzeit wenigstens einmal sowohl einen Gedenkort der Opfer des Nationalsozialismus als auch der SED-Diktatur besucht.

Im Jahr 2015 feiert das Land Brandenburg seinen 25. Geburtstag. Das ist Anlass, das Geleiste- te zu würdigen, das Erreichte darzustellen und Planungen für die Zukunft zu machen. Zur Finanzierung von Veranstaltungen im ganzen Land werden im Haushalt der Staatskanzlei 200.000 Euro eingeplant.

10.4. Berlin-Brandenburg

Die Verflechtung zwischen Brandenburg und Berlin ist in den vergangenen Jahren weiter größer geworden – beide Länder profitieren davon. Die Koalition wird die Zusammenarbeit mit Berlin weiterhin auf partnerschaftlicher Grundlage gestalten. Die gewachsenen Koopera- tionen beider Länder sollten vertieft werden, wo immer dies zu Verbesserungen für die Bür- gerinnen und Bürger führt.

Die bestehenden gemeinsamen Einrichtungen wie z. B. der Verkehrsverbund Berlin- Brandenburg, die gemeinsame Landesplanungsabteilung, die gemeinsamen Obergerichte die gemeinsame Luftfahrtbehörde, das gemeinsame Landesinstitut für Schule und Medien, das gemeinsame Landeslabor, die Medienanstalt Berlin-Brandenburg werden fortgeführt und die gemeinsame Innovationsstrategie weiterentwickelt.

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Die Koalition setzt sich weiterhin für einen kompletten Umzug der Bundesregierung von Bonn nach Berlin bis 2019 ein. Das ist nicht nur ökonomisch sinnvoll, sondern auch ein wei- terer Beitrag zur inneren Einheit.

10.5. Medien und Rundfunk

Unabhängige und vielfältige Medien sind Grundpfeiler einer lebendigen und funktionieren- den Demokratie. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk spielt dabei eine wichtige Rolle und ist eine unverzichtbare Säule unserer Medienordnung. Wir stehen zur Bestands- und Entwick- lungsgarantie für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk.

Die Koalition setzt sich dafür ein, dass die Frequenzen, die vom Rundfunk sukzessive nicht mehr benötigt werden (700-MHz-Frequenzen, sog. Digitale Dividende II), frühestmöglich und vorrangig zur Versorgung ländlicher Räume zur Verfügung gestellt werden. Deshalb wird die Koalition die Vergabe der 700-MHz-Frequenzen nur dann unterstützen, wenn ins- besondere die bevorzugte Nutzung der Frequenzen im ländlichen Raum sichergestellt und die der Finanzierung des Breitbandausbaus und der Digitalisierung dienenden Einnahmen aus der Vergabe hälftig zwischen Bund und Ländern aufgeteilt werden.

Die lokalen und regionalen Fernsehsender in Brandenburg bedeuten eine kulturelle Berei- cherung für das Land. Sie stärken den Zusammenhalt in unseren Städten und Regionen und damit die Verbundenheit mit unserer Heimat. Hier wird Fernsehen für die Menschen vor Ort gemacht. Die Koalition will auch zukünftig in Brandenburg eine vielfältige lokale und regionale Fernsehlandschaft erhalten, sie weiter unterstützen und nachhaltig fördern. Wir streben an, die Technikförderung langfristig zu sichern. Kooperationen zwischen öffentlich- rechtlichen und privaten Anbietern gilt es zu unterstützen, wenn dadurch Medienvielfalt und -unabhängigkeit nachhaltig gestärkt werden.

Die Koalition bekennt sich zu den veränderten Anforderungen an das Internet in der öffent- lichen Verwaltung. Sie trägt dem Rechnung durch eine personelle Aufstockung der Online- Kommunikation in der Staatskanzlei. Damit wird auch eine verstärkte Unterstützung der Ressorts bei der redaktionellen und technischen Arbeit zur Sicherung eines einheitlichen Auftritts der Landesregierung Brandenburg im Netz gewährleistet. Die Koalition wird die notwendigen finanziellen Mittel in Höhe von 750.000 Euro bereitstellen, um leistungsfähige technische Strukturen für den Internetauftritt sicherzustellen. Die Mittel werden zweckge- bunden bei dem Ressort eckwerterhöhend etatisiert, das die Fachaufsicht über den zentralen IT-Dienstleister des Landes (ZIT-BB) führt.

Die Koalition beabsichtigt darüber hinaus ein elektronisches Bearbeitungssystem in Bundes- ratsangelegenheiten einzuführen.

Die Koalition wird das Landesmarketing modernisieren und aktualisieren.

Nach der Beendigung des Amtes der Ministerpräsidentin oder des Ministerpräsidenten er- geben sich regelmäßig noch Pflichten aus dem ehemaligen Amtsverhältnis, die sich insbe-

sondere in Zuschriften, Einladungen, Mitgliedschaften u.v.m. widerspiegeln. Zur Bewälti- gung dieser Aufgaben benötigt die ehemalige Amtsträgerin oder der ehemalige Amtsträger Unterstützung. Zur Wahrung von Offenheit und Transparenz sind die Grundzüge der Un- terstützungsmaßnahmen – in Anlehnung an das Ministergesetz des Landes Rheinland-Pfalz – auch im Brandenburgischen Ministergesetz zu verankern, wobei die Höchstdauer der Un- terstützung auf zwei Jahre begrenzt werden soll.

10.6. Netzpolitik

Die Koalition wird weiterhin durch gezielte Maßnahmen dafür ihren Beitrag leisten, dass die Brandenburger Unternehmen und deren Beschäftigte den ständig veränderten Anforderun- gen der digitalen Wirtschaft entsprechen können. Ziel der Landesregierung wird es dabei sein, für die Medien- und Kreativwirtschaft weiterhin attraktive Rahmenbedingungen zu schaffen, die ein Wachstum dieser Branche mit steigenden qualifizierten Beschäftigungsver- hältnissen ermöglicht. Dabei sollen Investitions-, Technologie- und Medienförderungen so- wie der Einsatz von Risikokapital abgestimmt eingesetzt werden. Für die Medienbranche, die eine Vorreiterrolle für andere Branchen bei der Digitalisierung einnimmt, kommt es ver- stärkt auf ein gutes Zusammenspiel von technischer Innovation mit sozialer Innovation an. Von daher haben Fragen der Ausbildung und der Weiterqualifizierungen auch hier für die Koalition einen hohen Stellenwert. Die Ausbildungsangebote – bei bestehenden guten Ein- richtungen wie die Filmuniversität – sind dabei verstärkt auf die veränderten Anforderun- gen der Digitalisierung auszurichten.

Die Filmförderung im Rahmen der Medienboard Berlin-Brandenburg GmbH soll mindestens auf dem bisherigen Niveau weitergeführt und fortentwickelt werden. Die Koalition wird sich zudem auf bundespolitischer Ebene für eine Verstetigung des Deutschen Filmförder- fonds (DFFF) auf hohem Niveau einsetzen und für das Festhalten an der Künstlersozialkasse als soziale Absicherung für freie Mitarbeiter der Kreativwirtschaft. Auch wird sich die Koali- tion insbesondere im Interesse der freien Kulturschaffenden auf bundespolitischer Ebene für Verbesserungen beim Urhebervertragsrechts im Urhebergesetz einsetzen.

Die digitalen Medien – insbesondere das Internet – eröffnen für Bürgerinnen und Bürger neue Informations- und Mitwirkungsmöglichkeiten. Die Koalition will verstärkt die Potenti- ale des Internets nutzen, um für die Bürgerinnen und Bürger mehr Mitgestaltung zu gewähr- leisten, neue Zugänge zur Demokratie zu ermöglichen und die Teilhabe an Wissen zu stär- ken. Die vielfältigen Potentiale des Internets können aber auch gleichzeitig mit völlig neuen Möglichkeiten der Verletzungen von Persönlichkeitsrechten durch Unternehmen und staatli- che Einrichtungen einhergehen. In der Netzpolitik wird die Koalition deshalb folgende Schwerpunkte setzen.

Ein möglichst schnelles Breitbandnetz – auch in den ländlichen Regionen unseres Landes – ist existenziell für die nachhaltige Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft und eine wichtige Voraussetzung für die Chancengleichheit von Bürgerinnen und Bürgern beim Zugang zu Information und Wissen. Der Zugang zum Netz ist für uns ein Bürgerrecht. Für den geplan- ten Breitbandausbau werden 54 Millionen Euro aus europäischen Mitteln bereitgestellt. Der

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mit der Glasfaserstrategie 2020 begonnene Breitbandausbau soll bis Ende 2016 weitgehend abgeschlossen sein. Die bisher aus technischen Gründen nicht berücksichtigte Region Spreewald soll bis Ende der Legislatur auch versorgt sein. Aufgrund der ständig steigenden Anforderungen an das Netz durch immer größere Datenmengen kann der Ausbau damit aber nicht völlig abgeschlossen sein. Brandenburg unterstützt die Verankerung einer Breit- band-Universaldienstverpflichtung im Telekommunikationsgesetz des Bundes. Gegenüber der Medienanstalt Berlin-Brandenburg wird sich die Koalition dafür einsetzen, dass die be- stehenden Pilotprojekte in Berlin und Potsdam für ein kostenloses W-LAN-Netz auf weitere Städte im Land Brandenburg ausgedehnt werden.

Brandenburg setzt sich für die gesetzliche Absicherung der Netzneutralität in Deutschland und Europa ein. Ein freies und offenes Netz ist der Schlüssel zu den positiven Effekten, die das Netz für Demokratie, Wirtschaft, Arbeit und das soziale Zusammenleben haben kann. Diese Entwicklung eröffnet den Bürgerinnen und Bürgern, Wirtschaft und Verwaltung neue Möglichkeiten der Transparenz und Partizipation. Dieses werden wir unterstützen.

Die Koalition bekennt sich zum Open-Data-Konzept.

Besonders im Bildungs- und Hochschulbereich wollen wir freie Medien und Software nut- zen, um technische Vielfalt zu nutzen. Dazu soll es insbesondere Modellprojekte zur Schaf- fung offener und freier Lehr- und Lerninhalte geben.

Unsere Vorstellung des sozial und digital vernetzten Zusammenlebens in der Digitalen Ge- sellschaft ist nicht vereinbar mit der Idee eines Überwachungsstaates. Das Recht auf Pri- vatsphäre und informationelle Selbstbestimmung gilt analog wie digital. Die Koalition wird sich deshalb auf den Ebenen der Landespolitik, der Bundespolitik und der europäischen Politik für einen wirksamen Datenschutzes einsetzen.

Medienbildung ist nicht nur als schulisches Problem zu begreifen, sondern als generations- übergreifende Gesellschaftsaufgabe. Medienbildung hat unter anderem die Aufgabe, den einzelnen Bürger und die einzelne Bürgerin dazu zu befähigen, verbraucher- und daten- schutzrechtlich adäquat seine Interessen verantwortungsvoll wahrnehmen zu können. Ver- braucher- und Datenschutz in der digitalen Gesellschaft hängen eng mit der Stärkung indi- vidueller Medienkompetenz zusammen.

11. Organisation
11.1. Grundsätze der Zusammenarbeit

Die Koalitionspartner verpflichten sich, diese Vereinbarung im Regierungshandeln auf part- nerschaftlicher, gleichberechtigter Grundlage umzusetzen und dabei die Identität beider die Regierung tragenden Parteien zu wahren. Sie tragen für die gesamte Politik der Koalition gemeinsam Verantwortung und werden auf der Basis gemeinsamer Ziele vertrauensvoll zusammenarbeiten.

Die Koalitionspartner sind sich einig, dass Entscheidungen in Fragen von grundsätzlicher Bedeutung, die nicht ausdrücklich Gegenstand der Koalitionsvereinbarung sind, nicht gegen den Willen des anderen Partners getroffen werden.

Um Fragen von grundsätzlicher Bedeutung in Umsetzung der Koalitionsvereinbarung zu erörtern, wird ein Koalitionsausschuss gebildet, der regelmäßig, mindestens einmal im Vier- teljahr tagt. Er tritt auch zusammen, wenn einer der Partner dies für notwendig erachtet.

Der Koalitionsausschuss besteht aus acht Personen. Ihm gehören der Ministerpräsident, der stellvertretende Ministerpräsident, die Fraktions- und die Landesvorsitzenden sowie die Generalsekretäre der Koalitionsparteien bzw. ein weiteres Mitglied an. Ständiger Gast ist der Chef der Staatskanzlei. Bei Personalunion entscheidet der jeweilige Koalitionspartner über die Besetzung der freien Stelle. Bei Bedarf wird zu den Beratungen von Einzelfragen je ein weiterer Vertreter zugezogen. Die Ergebnisse der Beratungen des Koalitionsausschusses werden schriftlich festgehalten.

11.2. Zusammenarbeit im Landtag

Die Vorsitzenden und die Parlamentarischen Geschäftsführer der Koalitionsfraktionen tref- fen sich regelmäßig zur Abstimmung der parlamentarischen Zusammenarbeit. Sie können im Bedarfsfall weitere Mitglieder der Fraktionsvorstände hinzuziehen.

In den Landtag werden Vorlagen (Gesetzentwürfe, Anträge, Große Anfragen) von den Koa- litionspartnern nur gemeinsam eingebracht. Gleiches gilt für das Auftreten in den Ausschüs- sen des Landtages.

Initiativen der Koalitionsfraktionen werden vor der Einbringung in den Landtag einver- nehmlich beraten.

Die Fachgremien der Koalitionspartner treten regelmäßig zusammen. Die betreffenden Mit- glieder der Landesregierung bzw. ihre Staatssekretäre nehmen an diesen Sitzungen teil.

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Die Koalitionspartner verpflichten sich, im Landtag und in seinen Ausschüssen nicht mit wechselnden Mehrheiten abzustimmen. Die freie Gewissensentscheidung des einzelnen Ab- geordneten bleibt davon unberührt.

Die Koalitionspartner sind sich einig, dass im Landtag, seinen Ausschüssen und Gremien keiner der Partner überstimmt wird.

Die Struktur der Ausschüsse und weiterer Gremien des Landtages sowie die Besetzung der Vorsitze in diesen Gremien werden zwischen den Koalitionspartnern abgestimmt.

11.3. Zusammenarbeit in der Regierung Verfahren

Mitglieder der Landesregierung sind der Ministerpräsident und die Ministerinnen und Mi- nister.

An den Kabinettsitzungen nehmen – ohne Stimmrecht – der Chef der Staatskanzlei, im Fall der Verhinderung des Ministers der jeweilige Staatssekretär, der Bevollmächtigte des Landes beim Bund, der Regierungssprecher und der stellvertretende Regierungssprecher teil. Die Staatskanzlei stellt die Protokollführung. Die Vorsitzenden der Koalitionsfraktionen können – ohne Stimmrecht – teilnehmen.

Die Koalitionspartner verpflichten sich bei Abstimmungen im Kabinett zu gegenseitiger Rücksichtnahme. Bei Grundsatzfragen wird keine der beiden Seiten überstimmt. Davon un- berührt bleibt die Möglichkeit abweichender Voten einzelner Ministerinnen und Minister in Sachfragen. Die Koalitionspartner und die Ressortchefs verpflichten sich, die Diskussion vor Verabschiedung des Entwurfs des jeweiligen Jahreshaushaltes kabinettsintern zu führen.

Der Finanzminister unterrichtet den Ministerpräsidenten und den stellvertretenden Minis- terpräsidenten, bevor er haushaltswirtschaftliche Maßnahmen (z. B. nach § 41 LHO) ergreift oder andere grundsätzliche Entscheidungen im Haushaltsvollzug trifft. Wenn eine Einigung über die jeweilige Maßnahme nicht erzielt werden kann, ist vor deren Umsetzung der Koali- tionsausschuss zu befassen. Alle Kabinettvorlagen und Vorlagen an den Landtag sind unbe- schadet der Zuständigkeitsregelungen im Übrigen rechtzeitig mit dem Ressort des stellver- tretenden Ministerpräsidenten abzustimmen (Mitzeichnung).

Regierungserklärungen des Ministerpräsidenten sind im Kabinett mindestens eine Woche vor ihrer Abgabe einvernehmlich zu beraten.

Die Staatskanzlei und die Ministerien tauschen die Einladungen und Protokolle für die Mi- nisterpräsidenten- und die Fachministerkonferenzen zum frühestmöglichen Zeitpunkt aus. Die Fachminister unterrichten rechtzeitig über strittige Punkte von politischer Bedeutung in Fachministerkonferenzen.

Der Ministerpräsident unterrichtet den stellvertretenden Ministerpräsidenten im Sinne einer vertrauensvollen Zusammenarbeit über alle staatsleitenden Entscheidungen und wichtigen Termine.

Vertreter beider Koalitionspartner sind in den von der Landesregierung zu besetzenden Gremien angemessen vertreten. Die Besetzung von Kommissionen, Beiräten usw. erfolgt im gegenseitigen Benehmen.

Die Geschäftsordnung der Landesregierung wird entsprechend den Regelungen im Koaliti- onsvertrag bis 1. März 2015 überarbeitet.

Bundesrat

Das Land Brandenburg wird seine grundgesetzlichen Aufgaben im Bundesrat im Sinne einer konstruktiven Mitgestaltung gegenüber dem Bund und anderen Bundesländern wahrneh- men. Die Koalitionspartner einigen sich im Einzelfall über das Abstimmungsverhalten im Bundesrat. Dabei werden folgende Prämissen zu Grunde gelegt:

 Die Interessen des Landes haben absoluten Vorrang.
 Wortlaut und Geist dieser Koalitionsvereinbarung sind zu berücksichtigen. Sie sind

Grundlage der vereinbarten Politik.
 Es werden nur solche Fragen als strittig gestellt, die nach Auffassung eines Koaliti-

onspartners von grundsätzlicher Bedeutung sind.
 Kommt eine Einigung nicht zustande, enthält sich das Land der Stimme. Diese Ver-

einbarung gilt auch für alle schon bislang in den Bundesrat eingebrachten Initiativen, die noch nicht abgeschlossen sind.

Beide Koalitionspartner verständigen sich für besondere Einzelfälle, in denen über die Ein- haltung der vorgenannten Prinzipien keine Einigung hergestellt werden kann, im Koaliti- onsausschuss im konsensualen Verfahren auf eine für beide Partner akzeptable Lösung. Da- bei sind auch die Chancen der Konsensfindung durch Anrufung des Vermittlungsausschus- ses auszuloten.

Beiräte

Die Mitglieder der Landesregierung können zu ihrer Beratung in ihrem Geschäftsbereich Gremien oder Beiräte bestellen. Die Einrichtung oder Fortführung von Beiräten und institu- tionalisierten Beratungsgremien ist auf ein Minimum zu beschränken und dem Kabinett zur Entscheidung vorzulegen.

Gremien und Beiräte sind zu verpflichten, auf die Beratungstätigkeit gegenüber der jeweili- gen Fachministerin bzw. dem jeweiligen Fachminister hinzuweisen. Beratungstätigkeit ge- genüber der Landesregierung ist ausgeschlossen, es sei denn, sie wird ausdrücklich ge- wünscht.

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Die Bestellung erfolgt maximal bis zum Ende der Legislaturperiode; die Mitgliederzahl ist grundsätzlich auf maximal 10 zu begrenzen.

Um eine Verknüpfung von Ressort- und Beiratsinteressen zu vermeiden, dürfen Ressortver- treter nicht Mitglieder von Beiräten sein oder ihnen inhaltlich unmittelbar zuarbeiten. Orga- nisatorische Unterstützung ist möglich. Die Verwendung von Briefköpfen der Landesregie- rung ist nicht gestattet.